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Denkmalpflege setzt im Solarstreit ein Zeichen

Foto: Roberto Bulgrin

Stören Sonnenkollektoren das idyllische Bild der Esslinger Altstadt? Das Rathaus hat entsprechende Bauanträge bislang abgelehnt. Ausgerechnet das Landesamt für Denkmalpflege setzt nun ein Zeichen in die andere Richtung. Das sind die Hintergründe.

Auf viele Sonnenstunden hofft das Landesamt für Denkmalpflege. Denn im Mai soll die dreiteilige Photovoltaik-Anlage auf den Dächern der Behörde an der Berliner Straße am Rande der Esslinger Altstadt in Betrieb gehen. Die Installation der Solarmodule hatte für Diskussionen gesorgt. Schließlich hatte die Stadtverwaltung solche Anträge in der Altstadt auch mit Blick auf das Erscheinungsbild bisher abgelehnt.

Als einen „Showroom“, als einen Ausstellungsraum, bezeichnete Claus Wolf, der Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege, die Sonnenkollektoren auf dem Dach seiner Behörde: „Wir wollten zeigen, was geht.“ Sonderrechte oder gar eine Bevorzugung des Landesamts habe es nicht gegeben: Bei der Frage, ob die Photovoltaikanlagen mit dem Denkmalschutz vereinbar sind, seien die gleichen Maßstäbe angelegt worden wie bei jedem anderen Gebäude auch. Die Module, die eine Gesamtfläche von 240 Quadratmetern einnehmen, seien ein Best-Practice-Beispiel für die Energiewende in historischen Stadtkernen und würden die Vereinbarkeit von Klima- und Denkmalschutz veranschaulichen.

Für die Installation seien verschiedene Varianten ausgewählt worden, erläuterte Wolf: Auf dem Dach des Hauptgebäudes des Landesamtes, dem ehemaligen Schelztor-Gymnasium, seien matte, monochrome Module verwendet worden. Sie würden soviel Abstand zu den Dachkanten halten, dass das Dach in seiner Kontur noch deutlich ablesbar sei: „Aufgrund der Höhe des Gebäudes und des flach geneigten Daches sind die Anlagen im Straßenraum fast nicht wahrnehmbar“. Für die Restaurierungswerkstatt wurde seinen Worten zufolge eine Standard-PV-Anlage ausgewählt, eine weitere Dachfläche wurde mit der „Sondervariante des Solarziegels“ eingedeckt.

Somit seien verschiedene gängige Varianten von Photovoltaik genutzt worden, deren Verwendung im Denkmalbereich dargestellt werden solle, sagte der Präsident. „Alle Anlagen sind im Blick von der Burg oder von der Neckarhalde, den wichtigsten Fernsichten auf die Altstadt, nicht sichtbar.“ Ein Blankoscheck für weitere Genehmigungen von Solarmodulen in der historischen Altstadt sei damit aber nicht verbunden: „Über jede PV-Anlage wird im Hinblick auf den jeweiligen Standort im Einzelfall entschieden werden müssen.“

Einen Freifahrschein für Sonnenmodule in der Altstadt gebe es nicht, betonte auch Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer. Er kenne die Details der zuvor abgelehnten Anträge nicht im einzelnen, sagte der Verwaltungschef. Doch er habe Verständnis für seine Untere Denkmalschutzbehörde und deren ablehnende Haltung mit Blick auf die Einmaligkeit der historischen Altstadt. Er habe sich bisher in dieser Frage noch nicht politisch eingebracht und das Vorhandensein „unterschiedlicher politischer Kulturen“ gebilligt.

Die Landtagsabgeordnete Andrea Lindlohr (Grüne) verweist auf die seit einem Jahr gültigen Leitlinien des Landes zur Errichtung von Solaranlagen: „Nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung des denkmalgeschützten Gebäudes kommt die Ablehnung einer PV-Anlage in Betracht. Wie wollen Ermöglicher sein und keine Verhinderer.“

Die drei PV-Anlagen auf dem Dach des Landesamtes für Denkmalpflege speisen den erzeugten Strom in das Gebäudenetz ein und werden für den Eigenenergieverbrauch der Behörde genutzt. Die Anlagen erzeugen laut Guido Knappe vom Landesbetrieb Vermögen und Bau eine Leistung von etwa 50 Kilowattpeak und sorgen für ungefähr 45 000 Kilowattstunden im Jahr.