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Wie lief es beim Mittelalter- und Weihnachtsmarkt?

Foto: Roberto Bulgrin

Bis Oktober dauerte die Zitterpartie, ob der Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt nach dreijähriger Coronapause wieder stattfinden kann. Er fand statt und geht an diesem Donnerstag zu Ende. Die Bilanz klingt vielversprechend. In diesem Fall stimmt das Bild: Wenn Jörg Schall, der Architekt der Budenstadt, den Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt als „Leuchtturm“ bezeichnet, sind trotz des eher flächigen und nur manchmal pyramidal aufragenden Adventsevents dessen entscheidende Qualitäten benannt. Es wirft warmes Licht in kalte Energiekrisen-Finsternis, und es leuchtet wie ein richtiges Signalfeuerweit über die Stadtgrenzen hinaus, um Touristenströme in selbige hineinzulotsen. Nach drei Jahren Coronapause scheint der wieder entfachte Marktleuchtturm anno 2022 besonders hell und besonders weit zu leuchten. Außergewöhnlich stark sind unter dem Doppelturm von St. Dionys Gäste aus Asien und aus den USA vertreten, letztere zudem angelockt von einem Star, der fast so hoch steht wie der Stern von Bethlehem: dem starken Dollar mit seinem für Amerikaner wunderbar funkelnden Wechselkursfeuerwerk. Sehr günstig strahlt von seinem Dauerhoch auch der Franken auf die Schweizer herab, und solch noble Konjunktion am Währungshimmel hat natürlich den besten Einfluss auf die Konjunktur in Esslinger Weihnachtsmarktkassen. Über die Schweiz hinaus leuchtet der Leuchtturm übrigens weiter gen Süden und zieht Besucherinnen und Besucher in großer Zahl aus Italien und Spanien an. Ebenso westwärts, aus Frankreich. Im weltweiten Netz zollen einige der weltweiten Gäste überwiegend großes Lob: Mit Stolz verweist Michael Metzler, Geschäftsführer der veranstaltenden Esslingen Markt und Event GmbH, auf über 3200 Google-Rezensionen und die Bewertung mit 4,7 von fünf Punkten. „Damit zählt der Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt zu den am häufigsten und besten rezensierten Veranstaltungen dieser Art in Europa.“ In deutschen Landen belegte Esslingen bei einer Befragung von über 25 000 Leuten gar den zweiten Platz – vor Nürnberg, Leipzig und Freiburg. Nur Dresden lag weiter vorn. Worte und Wertungen allein machen freilich die Marktbeschicker nicht satt, rund wird die Erfolgsbilanz durch Besucherzahlen – vorsichtig geschätzt: über eine Million – und folglich Umsätze, die laut Metzler nahtlos an der Zeit vor Corona anknüpfen oder oftmals sogar über dem damaligen Niveau liegen. Über 50 Künstlerinnen und Künstler waren in rund 500 Programmen mit von der Partie und sorgten für jenes Mittelalter-Flair, das vor rund 25 Jahren als genial nahe liegendes Alleinstellungsmerkmal des Esslinger Marktes kreiert wurde. Auch diese Inszenierung zeigte wieder ihr pralles Leben wie einst vor der Pandemie. Einige Stände, vor allem aus dem Bereich Handel und Handwerk, sind allerdings nicht mehr dabei. „Eine Coronafolge, sie mussten in der Zwischenzeit aufgeben“, sagt Metzler. Dafür seien neue Stände hinzugekommen, unterm Strich zähle man nur zwölf weniger als 2019. Das ist keineswegs selbstverständlich, betont die Veranstaltungsleiterin Petra Pfeiffer, denn „wir konnten erst ab September verbindlich planen, und bis Oktober dauerte die Zitterpartie, ob der Markt wegen einer neuen Coronawelle nicht doch wieder abgesagt wird“. In drei Monaten aufbauen, wozu man sonst ein Dreivierteljahr brauche – das sei „eine enorme Leistung und Risikobereitschaft der Marktbeschicker, die ja auch Geld investiert haben, zunächst ohne die garantierte Gewissheit, dass sie es wieder erwirtschaften können“. Insgesamt 150 Stände – an den Wochenenden 180 – waren geöffnet; im regionalen Vergleich ungefähr so viele wie in Ludwigsburg, nur der großflächige Stuttgarter Weihnachtsmarkt bringt es auf mehr Stände. „Wir haben in Esslingen die Stände etwas anders gruppiert“, sagt Marktarchitekt Schall, „vor allem haben wir die Gastro zusammengestellt, damit die Besuchergruppen nicht über den ganzen Markt laufen müssen, wenn der eine eine Bratwurst und der andere etwas Veganes will.“ Als gemeinsamer Lauf mit geschätzt gut 1000 Teilnehmern pilgerte am Dienstagabend der Fackelzug die vereiste Burgsteige hoch: langsam, dafür unfallfrei. Im Burghof drehte sich dann der feurige Lindwurm im Reigen ums große Feuer, beschwingt von Dudelsack und Trommelschlägen. Alles sehr eindrucksvoll in kühler, trockener Nacht, zumal es beim Aufstieg lehrreiche Historien zu hören gab: „Ihr Kreuzritter habt die Hexen getötet“, rügte eine Dame die wackeren Mannen mit Kreuz und Kettenhemd. Worauf ein Herr eine Lanze brach für die Ritter: „Im Mittelalter gab es überhaupt keine Hexenverfolgung.“ Wohl wahr. Derweil outeten sich die vermeintlichen Kreuz- als Deutschordensritter, gefolgt vom ebenso wahren, aber auf der nächtlichen Steige gespenstisch anmutenden Satz: „Uns gibt es heute noch.“ Im kommenden Jahr 2023 beginnt der Mittelalter- und Weihnachtsmarkt am Dienstag, 28. November, und endet am Donnerstag, 21. Dezember. Die Veranstalter bauen auf die Weiterentwicklung der bewährten Säulen „Erlebnisreichtum, Stadtinszenierung, interaktive und altersgerechte Angebote“. Im Bereich Handwerk und Handel sollen einige coronabedingt entstandene Lücken im nächsten Jahr geschlossen werden.