Das Landes-Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind“ soll Wissenslücken schließen, die Schülerinnen und Schülern nach monatelangen Schulschließungen haben. Nicht alle Ideen konnten aber bereits umgesetzt werden. Oft scheitern Schulen noch an der Bürokratie. Corina Schimitzek hatte mit richtig Gegenwind gerechnet. „Ich war anfangs sehr skeptisch, ob das so hinhaut, denn der Zeitplan ist ambitioniert“, sagt die Leiterin des Staatlichen Schulamts in Nürtingen über „Lernen mit Rückenwind“. Das Kultusministerium wollte mit dem Förderprogramm gleich nach den Herbstferien beginnen. Rund zehn Prozent der Schulen im Landkreis sei das tatsächlich gelungen, schätzt die Amtsleiterin. Aber auch die übrigen seien gut aufgestellt. „Rund drei Viertel von ihnen haben die Struktur und auch das Personal, um demnächst starten zu können“, so Schimitzek und ist voll des Lobes: Die Schulen hätten viel Kreativität bewiesen, wie sie Schüler mit Nachholbedarf fördern wollen. Das Programm bietet dafür ausreichend Spielraum. So setzt das Schelztor-Gymnasium etwa vor allem auf Unterstützung aus der eigenen Schule. Hier sollen Schülermentorinnen und -mentoren die Nachhilfe übernehmen. „Sie bekommen zusätzlich eine Lehrkraft an die Hand, die Feedback gibt und unterstützt“, sagt der Schulleiter Jörg Leihenseder. „Die Wege sind kurz, alle sind vor Ort und kennen sich“, nennt er als Vorzüge dieser Idee. Er schließt aber nicht aus, dass man sich für die Zukunft doch noch weitere Kräfte von aus außen holt. Die jeweiligen Fachlehrer haben Schülerinnen und Schüler angesprochen, bei denen sie Wissenslücken festgestellt haben. Die können sich jetzt rückmelden. Grundsätzlich ist das Programm freiwillig. „Aber wer sich anmeldet, für den ist es bei uns verbindlich und der muss mindestens ein halbes Jahr bei der Stange bleiben“, betont Leihenseder. An seiner Schule sieht er vor allem im Fach Mathe Aufholbedarf. „Aber auch auf der psychosozialen Ebene liegt vieles im Argen.“ Das Schelztor-Gymnasium plant deshalb weitere Angebote in diesem Bereich. Während man am Schelztor vorerst auf interne Kräfte setzt, haben andere Schulen wie etwa das Otto-Hahn-Gymnasium in Ostfildern die Förderung ausgelagert. Kooperationspartner ist hier die Volkshochschule Ostfildern. Das Programm läuft bereits. Es gibt jeweils zwei Kurse in den Fächern Englisch, Mathe und Deutsch, die nur von Schülern des OHG gebucht werden dürfen. Am Esslinger Georgii-Gymnasium ist eine Mischform geplant. Zum einen soll es Kleingruppen mit fünf bis sechs Schülern geben, die von Studierenden Nachhilfe bekommen. „Die zu finden, war gar nicht so einfach“, sagt der Rektor Gereon Basler, „aber jetzt haben wir tolle Leute zusammen“. Um so ärgerlicher, dass die Lernhelfer nicht sofort starten konnten, weil das zuständige Regierungspräsidium die Verträge noch nicht genehmigt hatte. Offenbar ist das kein Einzelfall. „Bei den Kräften von außen hakt es oft noch“, ist auch die Rückmeldung, die Jörg Leihenseder, der geschäftsführende Schulleiter der Esslinger Gymnasien, von Kollegen mitgekommen hat. Das stelle aber kein Versäumnis da, so das Regierungspräsidium. „Das Programm startet sukzessive und wird als Prozess verstanden“, stellt Josephine Palatzky von der Pressestelle der Behörde klar, Schulen und ihre Leitungen müssten von Mehraufwand entlastet werden. Deshalb sei das Aufholprogramm nach den Herbstferien zuerst mit Kooperationspartnern und Bestandslehrkräften gestartet, aber zum Beispiel noch nicht mit allen Unterstützungskräften. Man habe – Stand vergangene Woche – zwei Verträge für Unterstützungskräfte an Esslinger Schulen sowie 15 für Schulen im Kreis Esslingen bereits ausgefertigt. Gereon Basler hofft, dass es an seiner Schule bald losgehen kann. Am Georgii-Gymnasium wird es neben den Nachhilfegruppen noch ein Lerntraining geben, bei dem Lehrkräfte der Schule allgemeine Lerntechniken vermitteln. „Es gibt viele, die in der Pandemie den Faden verloren haben und grundsätzliche Hilfe brauchen“, sagt Basler. Zudem werden ausgewählte Lehrerinnen und Lehrer feste Sprechzeiten anbieten, in der es weitere Unterstützung geben soll. Von den rund 700 Schülerinnen und Schüler am Georgii beteiligen sich voraussichtlich 50 bis 60 am Rückenwind-Programm. Basler rechnet damit, dass es noch mehr werden könnten, wenn das Angebot besser bekannt wird. Für die Jahrgangsstufen sollen Bildungsgutscheine ausgegeben werden, die an registrierten Nachhilfe-Instituten eingelöst werden können. Diese Möglichkeit behält sich auch das Schelztor-Gymnasium vor. Adressaten seien Kinder und Jugendliche, bei denen die Lehrer Lerndefizite sehen. „Es geht ausdrücklich nicht darum, dass jemand sein Kind von einer Drei auf eine Zwei heben möchte“, betont Rektor Leihenseder. Noch ganz am Anfang steht man an der Esslinger Zollberg-Realschule. „Wir sind in der Planungsphase. Aber es ist noch nichts in trockenen Tüchern“, sagt Schulleiterin Brigitte Krömer-Schmeisser. Aufholbedarf gebe es an ihrer Schule vor allem im Fach Deutsch und eher in den unteren Klassen. „Wir bemerken viele Lücken, das ist auch nicht verwunderlich. Aber die lassen sich schließen“, ist Krömer-Schmeisser überzeugt.
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