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Seite 3 Redaktion

Viele Puzzleteile für den Brückenschluss

Foto: Roberto Bulgrin

Mitten auf der halb fertigen neuen Hanns-Martin-Schleyer-Brücke zwischen den Stadtteilen Mettingen und Weil klafft eine Lücke. „Die wird natürlich noch geschlossen“, sagt Uwe Heinemann, der Leiter des Tiefbauamtes der Stadt Esslingen, mit einem verschmitzten Lächeln. Doch die Versorgungsrohre für Gas, Wasser und Strom müssten zuvor noch vollständig verlegt werden. Dann werde der Brückenschluss vorgenommen. Allerdings sind Gas, Wasser und Strom in diesem Augenblick nebensächlich. Denn gerade wird es spektakulär. Ein Riesenkran hievt ein Betonfertigteil  hoch und lässt es durch die Luft gleiten. Dann wird die  große Platte auf die bereits bestehende Stahlkonstruktion der Brücke aufgelegt und eingefügt.  Insgesamt werden 235 der rechteckigen Teile eingebaut.
Die Bauarbeiter vor Ort sind sichtlich stolz auf ihre schweren Gerätschaften. Zwei Tage lang habe es gedauert, bis der Riesenkran zur Beförderung der Betonplatten aufgebaut war, berichtet Bauleiter Hüseyin Aktas. Ein eingespieltes Team aus sechs Mitarbeitern habe das geschafft – mithilfe eines anderen Krans. Der sei aber nur eine kleine Nummer im Vergleich zu dem  Megakollegen, der für das Bewegen der  Platten eingesetzt wird. Denn der ist stolze   108 Meter hoch und kann bis zu 500 Tonnen schwere Teile vom Fleck bewegen. Ganz so schwer sind die Betonplatten für die Hanns-Martin-Schleyer-Brücke  nicht. Aber bis zu drei Tonnen können sie schon auf die Waage bringen.
Eine Spezialfirma in der Nähe von Fulda in Hessen hat sie hergestellt. Mit Lastwagen wurden sie nach Esslingen gebracht. Und nun werden sie Teil der neuen Hanns-Martin-Schleyer-Brücke. Am alten Bauwerk waren erhebliche Mängel festgestellt worden, die Sicherheit war nicht mehr gewährleistet, darum wurde es abgebaut und soll nun durch die neue Brücke ersetzt werden – sehr zum Unmut mancher Bürger und Anwohner, die Umleitungen, Umwege, Sperrungen und Zeitverluste in Kauf nehmen müssen. Die Bauarbeiten seien aber notwendig, meint Projektleiter Radovan Bleiweiß: „Wird nichts gemacht, wird gemeckert. Wird etwas gemacht, wird auch gemeckert.“
Doch immerhin wird hier etwas gemacht. Auf  der Baustelle geht es voran. Wieder schwebt eine Betonplatte durch die Luft. Auch sie wird auf die vorbereitete Stahlkonstruktion aufgelegt.  Wegen des geschwungenen Verlaufs der Brücke ist jede Platte ein Einzelstück mit unterschiedlichen Maßen, betont Uwe Heinemann. Und alle Unikate werden wie bei einem Puzzle zu einem passenden Ganzen zusammengesetzt. Später kommen auf die Platten insgesamt 190 Tonnen Bewehrung drauf. Dann folgen Beton und Asphalt.
Die Brücke werde bis zum avisierten Termin im Juni nächsten Jahres fertiggestellt sein, meint Uwe Heinemann. Doch es müssten noch weitere Arbeiten wie die Zufahrtsrampen oder das Verlegen der Versorgungsleitungen erledigt werden. Ob auch sie im Zeitrahmen über die Bühne gebracht werden können, würde sich in den ersten Wochen des neuen Jahres weisen: „Die Ausschreibungen sind teilweise gerade  erfolgt.“
Doch dann wird die Aufmerksamkeit des städtischen Tiefbauamtsleiters  von anderen Dingen in Anspruch genommen. Mitten im Neckar in der Nähe des Weiler Ufers ragen vier Rohre aus dem Wasser heraus. Auf sie wird  ein etwa 55 Tonnen schweres Endstück aufgesetzt und so ein Betonpfosten neben einem der Brückenpfeiler  geschaffen. Er soll laut Uwe Heinemann als  Anprallschutz fungieren und  einen möglichen Zusammenstoß havarierter Schiffe mit dem Bauwerk  verhindern. Die alte Brücke hatte noch keine solche Sicherheitsmaßnahme. Doch neue Vorschriften machten den zusätzlichen Pfeiler nötig. Die Gefahr eines Schiffsunglücks auf dem Neckar sei zwar eher gering,  aber man  müsse für viele Gefahren gewappnet sein: „Wir wollen ja nicht, dass die Brücke demoliert wird.“ Probleme könne es aber durch Unachtsamkeiten der Schiffsbesatzungen geben, fügt er wieder mit einem verschmitzten Lächeln hinzu. Die Kabinen auf der Brücke von Schiffen könnten hoch- und heruntergefahren werden. Wenn die Crew  das Herunterfahren vergesse, könne es beim Passieren der Brücke durchaus zu Schwierigkeiten  kommen.
Der Ersatzneubau erfolgt, um die Brücke für die nächsten 80 Jahre sicher, haltbar und tragfähig  zu machen.  Das sei möglich,  meint Tiefbauamtsleiter Uwe Heinemann. Vorausgesetzt, die Brücke werde gut gewartet und es passierten keine Unfälle. Bei dem Neubau wird auf Bewährtes gesetzt. Das Bauwerk ähnelt im Aussehen dem alten, abgerissenen. Doch  die bisherige Spannbeton-   wird durch eine Stahlkonstruktion  ersetzt. Zudem werde es einen Radweg geben und der Gehweg nur noch auf einer Seite verlaufen. Doch das ist  Zukunftsmusik. Gerade schwebt wieder eine Betonplatte über das Konstruktionsskelett der Brücke.