Foto: Roberto Bulgrin
Die alte Hanns-Martin-Schleyer-Brücke ist Geschichte. Statt des Spannbeton-Kolosses aus den 60-er Jahren schwebt nun eine Stahlkonstruktion über dem Neckar zwischen Mettingen und Brühl. Diese hat bislang dazu beigetragen, dass die Seitenteile der maroden Neckarquerung nach dem Abbruch des Mittelteils nicht kollabieren und wird später den Unterbau der neuen Brücke bilden. Doch bis dahin ist noch einiges zu tun: Der Neubau hat gerade erst begonnen.
Es war eine Punktlandung: Am Tag vor Heilig Abend war der Abbruch der Hanns-Martin-Schleyer-Brücke abgeschlossen und die alte Neckarquerung damit zum großen Teil verschwunden. Fast ein Jahr hat es gedauert, das marode Bauwerk abzureißen. Mit dem neuen Jahr sind nun die Arbeiten für den Ersatzneubau gestartet – und bislang läuft nach Angaben aus dem Tiefbauamt alles nach Plan. Dank geeigneter Witterung musste keine größere Pause eingelegt werden und Überraschungen, die die Arbeiten verzögert hätten, blieben aus.
Aktuell wird vor allem an den Widerlagern auf beiden Neckarseiten gearbeitet. Am Mettinger Ufer wächst einige Meter vom schwebenden Stahlsteg entfernt zwischen Erdhaufen, Pfützen und Arbeitsgerät eine Konstruktion aus Verschalungselementen empor. Sie soll mit Beton gefüllt werden und so dem künftigen Brückenpfeiler an dieser Stelle seine Form geben. Als Fundament wurden bereits acht jeweils 13 Meter lange Bohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,50 Meter in den Boden eingebracht. Dafür habe man zunächst mit schwerem Gerät entsprechende Löcher gebohrt, dann Stahlröhren hineingestellt und diese anschließend mit Beton gefüllt, erklärt der städtische Projektleiter Thomas Blind das Prozedere zur Gründung der neuen Brücke.
Auch an den Pfeilern im Neckar wird gearbeitet. Zunächst waren Taucher aktiv, die das Fundament der massiven Betonstützen unter Wasser von Schutt und Unrat befreiten. Anschließend wurde jeweils eine Arbeitsfläche über dem Wasserspiegel errichtet, von der aus die Köpfe der Pfeiler abgetragen werden konnten – die massiven Bruchstücke werden derzeit am Ufer zwischengelagert. „Die Pfeilerköpfe müssen so aufbereitet werden, dass sie zur Geometrie der neuen Brücke passen“, erklärt Thomas Gruseck vom Tiefbauamt, der die Planungsphase für den Brückenbau betreut hat.
Bis spätestens Ostern soll alles so weit vorbereitet sein, dass die Stahlkonstruktion, die derzeit auf Behelfspfeilern hoch über dem Neckar schwebt, auf ihr künftiges Niveau abgesenkt und mit den noch fehlenden Stahlteilen verlängert werden kann. Sie dient dann als Unterbau der neuen Hanns-Martin-Schleyer-Brücke. Zudem werden einige Leitungen durch den Stahlbauch der Brücke führen. Denn in direkter Nachbarschaft der Brücke in Mettingen entsteht das neue Umspannwerk des Netzbetreibers Netze BW. Wenn der Unterbau richtig platziert ist, kann in der zweiten Hälfte dieses Jahres mit dem Aufbau der Fahrbahn begonnen werden. Für deren Basis werden sogenannte Halbfertigteile geliefert, die auf die Stahlkonstruktion gesetzt werden können. Anschließend wird die obere Schicht vor Ort aufgebracht.
An der augenblicklichen Verkehrsführung wird sich vorerst wenig ändern. Lediglich die Palmenwaldstraße wird laut Thomas Blind während des Aufbaus des Widerlagers auf Brühler Seite ab und zu kurzzeitig gesperrt – wann und wie lange genau, sei aber noch unklar. Auf dieser Neckarseite fällt aktuell vor allem die Übergabestation der Fernwärme ins Auge, hinter der das Widerlager erst noch entstehen muss.
Insgesamt sind Projektleiter Blind und Planer Gruseck sehr zufrieden mit dem Verlauf der Arbeiten. „Es hat bislang alles gut geklappt, dabei ist das kein alltägliches Bauvorhaben“, sagt Gruseck. Auch die Kosten seien nach wie vor im Rahmen: „Wir haben schon etwa 6,5 Millionen Euro verbaut und sind damit im Plan“, erklärt er. Wenn alles weiter läuft wie geplant, könne die Brücke bis zum Jahresende weitgehend fertiggestellt werden, heißt es aus dem Rathaus.
Seit Januar 2021 laufen die Arbeiten an der Hanns-Martin-Schleyer-Brücke, die die Esslinger Stadtteile Mettingen und Brühl verbindet. Vor der Sanierung wurde das 200 Meter lange Bauwerk aus dem Jahr 1964 täglich von etwa 16 500 Fahrzeugen befahren. Allerdings war die Spannbetonbrücke marode, die Standsicherheit war laut Experten nicht mehr gewährleistet. Deshalb entschieden sich Stadt und Gemeinderat für Abriss und Neubau der Brücke. Die Gesamtkosten dafür werden mit rund 27 Millionen Euro veranschlagt, das Land hat 13 Millionen Euro zugesagt.
Über die alte Schleyerbrücke führte eine dreispurige Straße, die neue Neckarquerung soll abschnittsweise mit einer Spur weniger auskommen. Zudem wird auf der westlichen Brückenseite ein kombinierter Fuß- und Radweg mit einer Breite von drei Metern eingerichtet.