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Die Stadt Esslingen will vorerst kein Terminal anschaffen, an dem Ausweise abgeholt werden können – anders als Ludwigsburg und Leonberg. Zufrieden ist niemand mit der aktuellen Situation im Esslinger Bürgeramt. Die Wartezeit auf einen Termin hat sich inzwischen zwar verringert, dennoch dauert es nach wie vor meist mehrere Wochen, bis man seinen Antrag vor Ort stellen kann. Eigentlich hatte man im Rathaus gehofft, ein Abhol-Automat für Dokumente, wie es ihn in Ludwigsburg oder Leonberg gibt, könnte Abhilfe schaffen. Doch nach einer ersten Prüfung auf Antrag der CDU rät die Stadtverwaltung nun davon ab. Manch Stadtrat will das allerdings nicht so stehen lassen. Schon lange wird diskutiert, wie die Wartezeiten im Bürgeramt reduziert werden können. Immer wieder wurden Änderungen vorgenommen, die für schnellere Abläufe sorgen sollten – bislang allerdings ohne den erhofften Erfolg. Immer noch müssen die Esslingerinnen und Esslinger laut Ordnungsamtsleiter Jochen Schilling im Durchschnitt 85 Arbeitstage auf einen Termin im Bürgeramt warten. Das sind etwa 17 Wochen – und damit mehr als vier Monate. Allerdings hatte man noch im März erheblich länger warten müssen, nämlich durchschnittlich 115 Arbeitstage – also etwa 23 Wochen und damit fast sechs Monate. Als ein Baustein auf dem Weg zu weniger Wartezeit galt auch die Anschaffung eines Automaten, an dem rund um die Uhr Ausweisdokumente abgeholt werden können. Doch davon nimmt die Stadtverwaltung jetzt Abstand. Denn Erfahrungen aus anderen Kommunen zeigten, dass mit den Abhol-Terminals zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehe und nur ein geringer Anteil der Bürgerinnen und Bürger seine Dokumente an dem Automaten abhole, berichtete Schilling in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses. Im Übrigen sei die Sache auch nicht so kostengünstig wie gedacht: Sowohl für die Anschaffung eines solchen Automaten als auch für eine neue Software sowie für zusätzlichen Personaleinsatz fielen Kosten an, und zwar zwischen 25 000 Euro und 40 000 Euro für das Terminal und rund 2000 Euro jährlich für die Softwarelizenzen. Laut Schilling wäre in Esslingen ohnehin nur ein Automat im Außenbereich in Frage gekommen, weil es im Bürgeramt keine Räume gebe, die 24 Stunden am Tag zugänglich sind. Ein solcher Außenterminal könne aber nicht ans System des sogenannten Einwohnerwesens angebunden werden, weshalb zusätzliche Software und zusätzliche Fingerabdruckscanner benötigt würden. Schilling: „Eigentlich ist solch ein Automat eine schöne und gute Sache, aber doch nicht so einfach und kostengünstig wie gedacht.“ Carmen Tittel, Fraktionsvorsitzende der Grünen, erklärte: „Wir können die Bedenken der Verwaltung gut nachvollziehen.“ Sie schlug vor, Abhol-Schalter mit sehr frühen und sehr späten Öffnungszeiten einzurichten, damit Berufstätige sich nicht einen halben Tag freinehmen müssten, um ein Dokument abzuholen. Nicolas Fink, SPD-Fraktionschef, betonte, ein Abhol-Automat wäre ein wichtiges Symbol gewesen, dass sich beim Bürgeramt etwas bewegt. Aber die Argumente der Stadt leuchteten ein – zumal das Abholen nicht das Hauptproblem sei. Annette Silberhorn-Hemminger, Fraktionschefin der Freien Wähler, regte ein Terminal im Innenbereich an – ebenso wie die FDP-Fraktionsvorsitzende Rena Farquhar, die zu bedenken gab: „Man muss ja Angst haben, dass man die nächste Reise absagen muss, wenn man seinen Ausweis verliert.“ Während Martin Auerbach (Linke) die Ausgabe von Dokumenten mit schützenswerten Daten an einem Automaten für schwierig hielt, schlug Christa Müller (SPD) vor, einen Automaten in den Räumen der Polizei aufzustellen, wo ohnehin rund um die Uhr jemand anwesend sei. Jochen Schilling betonte, dass es bereits spezielle Abhol-Schalter gebe, wo die Dokumente innerhalb von ein bis zwei Wochen abgeholt werden könnten. Zudem habe man die Öffnungszeiten im Bürgerbüro bereits ausgeweitet. Man hofft, bis Ende des Jahres die Bugwelle an unbearbeiteten Anträgen abgearbeitet und die durchschnittliche Wartezeit auf maximal 22 Arbeitstage reduziert zu haben. Dennoch will man nun noch einmal die Anschaffung eines Abhol-Terminals im Innenbereich prüfen. Erfahrungen aus anderen Städten: Nach eigenen Angaben war Ludwigsburg die erste Stadt bundesweit, die ein Ausgabe-Terminal für Ausweisdokumente eingerichtet hat. Laut Jürgen Schindler, Fachbereichsleiter der Ludwigsburger Bürgerdienste, hat die Stadt den Prototypen mitentwickelt und im Jahr 2019 in Betrieb genommen. Ziel war es, den Bürgern einen zusätzlichen Service zu bieten. Allerdings ist die Akzeptanz laut Schindler „suboptimal“. Der Anteil der Antragsteller, die ihren Ausweis oder Reisepass am Automaten abholen, bewege sich im „unteren einstelligen Prozentbereich“. Im Bürgerbüro müsse man derzeit vier Wochen auf einen Termin zur Antragstellung warten – zum Abholen brauche man keinen Termin.