Vor Kurzem hieß es noch, man sei in Esslingen hintendran, was die Digitalisierung des Bürgerservices angeht. Doch inzwischen hat man offensichtlich aufgeholt: In der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses erklärte die Verwaltung, man gehöre bei dem Thema inzwischen zu den Spitzenreitern im Land. Das kam bei den Stadträten gut an, wenngleich manche sich ob des raschen Wandels verwundert die Augen rieben. Die Stadt solle aber weiter Tempo machen bei dem Thema, so der Tenor – auch, damit die zuletzt teils monatelangen Wartezeiten beim Bürgerservice der Vergangenheit angehören. Anlass für die Diskussion im Verwaltungsausschuss war ein Antrag der CDU gewesen, in dem diese eine schnelle und möglichst weitgehende Digitalisierung des Esslinger Bürgeramtes gefordert hatte. Daraufhin hatte die Stadtverwaltung einen Überblick über den Status quo präsentiert – der sich aus ihrer Sicht sehen lassen kann. So sei man etwa führend bei der interkommunalen sogenannten OZG-Taskforce, einem informellen Netzwerk mit etwa 80 Kommunen, die in Eigenregie digitale Leistungen für die zentrale Service-Plattform des Landes entwickeln. „Wir treiben die Taskforce und das Innenministerium vor uns her“, betonte der Erste Bürgermeister Ingo Rust. Unter anderem biete das Esslinger Bürgeramt bereits 36 Anträge in digitaler Form an – und zwar „echt digital“, wie Ignazio Ceffalia, Leiter der Stabsstelle Digitalisierung, betonte. Das bedeute: Es handle sich nicht um PDF-Formulare, die mühsam ausgedruckt, ausgefüllt und dann wieder eingescannt werden müssten, sondern um Anträge, die direkt online ausgefüllt und abgeschickt werden könnten. Mit dieser Anzahl an echten digitalen Anträgen gehöre Esslingen mit an die Spitze der Kommunen in Baden-Württemberg. Zudem befinde sich das digitale Bauamt kurz vor der Fertigstellung. Vom Frühjahr 2022 an soll es möglich sein, digitale Bauanträge entgegen zu nehmen, zu verarbeiten und dann den Bescheid digital zuzustellen. „Es gibt in Baden-Württemberg nur vier oder fünf andere Kommunen, die den digitalen Bauantrag nächstes Jahr schon anbieten können“, so Ceffalia. Darüber hinaus hat das Esslinger Amt für Bildung, Erziehung und Betreuung in Kooperation mit der Stabsstelle Digitalisierung seinen Online-Kita-Antrag selbst entwickelt. So habe man ganz individuell die Prozesse erarbeiten können, die man brauche, statt ein teures Komplettpaket von einem Dienstleister zu erwerben, für das man gar nicht in Gänze Verwendung finde. „Wir wollten Geld sparen“, erklärte Ceffalia auf die Nachfrage aus dem Gremium, warum man hier keine Standardlösung verwende.Ebenfalls selbst entwickelt wurde ein System zur Online-Terminvereinbarung für Dienstleistungen, bei denen eine persönliche Präsenz (noch) notwendig ist. Damit sollen lange Wartezeiten durch Laufkundschaft vermieden werden. Zudem ist es inzwischen laut Ceffalia möglich, sich im Bürgeramt ein Ticket auf das Smartphone zu laden. Bei diesem werde die Wartezeit laufend aktualisiert. Der Kunde müsse also nicht vor Ort im Bürgeramt warten, sondern könne während der Wartezeit etwas in der Stadt erledigen. Ein Vorteil der Eigenentwicklungen sei es, dass auch die gewünschten Anpassungen und Veränderungen von städtischen Mitarbeitern vorgenommen werden könnten, so Ceffalia. Zudem könne das Buchungssystem recht einfach adaptiert und dann für andere Zwecke verwendet werden. Generell erntete die Stadt im Verwaltungsausschuss durchaus Lob für ihr Vorgehen. Allerdings betonte der CDU-Fraktionschef Jörn Lingnau: „Wir wollen bei der Digitalisierung nicht das Nötigste, sondern das Meiste, was geht.“ Er wundere sich, dass Esslingen nun angeblich Vorreiter auf dem Gebiet sei – schließlich habe es vor einem halben Jahr noch geheißen, man sei hier hinterher. Bürgermeister Rust betonte daraufhin: „Vor einem halben Jahr waren wir schon deutlich auf der Überholspur, jetzt sind wir ganz vorne dabei.“ Während FDP-Rat Ulrich Fehrlen und Martin Auerbach (Linke) die Verwaltung motivierten, bei diesem Thema weiter so voranzugehen wie bislang, verbanden die Fraktionsvorsitzenden Carmen Tittel (Grüne), Nicolas Fink (SPD) und Annette Silberhorn-Hemminger (Freie Wähler) damit auch die Hoffnung, dass das Bürgeramt künftig besser funktioniert als zuletzt.In den vergangenen Monaten hatte es zahlreiche Beschwerden über teils monatelange Wartezeiten für die Terminvergabe und die Bearbeitung von Anträgen beim Bürgerservice gegeben. Durch einen erhöhten Personaleinsatz, die Einrichtung eines separat buchbaren Abholschalters für Ausweispapiere, durch zusätzliche Termine sowie weitere Maßnahmen habe man aber schon für Verbesserungen sorgen können, heißt es aus dem Rathaus. Die Wartezeiten hätten sich bereits erheblich verkürzt. Durch die zunehmende Digitalisierung rechne man mit weiteren Verbesserungen.Die Esslinger Stadtverwaltung nutzt für ihre digitalen Angebote des Bürgerservice die Plattform „Service BW“ des Landes Baden-Württemberg. Auf dieser Plattform können alle Bürgerinnen und Bürger des Landes ein kostenloses Service-Konto einrichten und digitale Anträge stellen.
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