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Sprache soll Brücken in den Beruf bauen

Foto: Ines Rudel

Schülerinnen und Schüler aus einem Dutzend Ländern werden in der Esslinger Tobias-Mayer-Schule unterrichtet. Unter dem Dach der VHS lernen sie die deutsche Sprache und machen den Hauptschulabschluss, um sich für eine Berufsausbildung zu rüsten.

Bildung ist ein ganz wesentlicher Begleiter auf dem Lebensweg jedes Menschen. Der Schlüssel zu Bildung und gesellschaftlicher Integration ist sprachliche Kompetenz. Wer als Geflüchteter hierher kommt, braucht zunächst gute Deutschkenntnisse und die nötigen Grundlagen für eine vertiefte schulische Bildung oder eine berufliche Ausbildung. Die Tobias-Mayer-Schule möchte dafür wichtige Türen öffnen. Als private einjährige berufsvorbereitende Berufsfachschule hat sie ihren Sitz an der Esslinger Volkshochschule (VHS). Wer dort unterrichtet wird, kann zunächst das einjährige Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Beruf ohne Deutschkenntnisse (VAB-O) und bei entsprechenden sprachlichen Grundlagen auch das Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Beruf in Regelform (VAB-R) absolvieren. Nicht nur für Geflüchtete, sondern auch für diejenigen, die eine zweite Chance suchen, ist dieses Angebot interessant.

Schulische Bildung spielt im Programm der Esslinger Volkshochschule eine wichtige Rolle: Das Abendgymnasium eröffnet einen Zugang zu Mittlerer Reife, Fachhochschulreife und Abitur. Und mit der Tobias-Mayer-Schule gibt es neuerdings die Möglichkeit, einen Hauptschulabschluss zu erwerben – 44 Schülerinnen und Schüler haben dort im vergangen Schuljahr in zwei Klassen die nötigen sprachlichen Von September an kommt nun das Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Beruf (VAB-R) hinzu, das die Absolventinnen und Absolventen zum Hauptschulabschluss führt. 

Ulrike Völter, die Verwaltungsleiterin der Esslinger VHS, hält als Schulleiterin die Fäden in der Hand. Ihr Stellvertreter ist ein alter Bekannter in der örtlichen Schullandschaft: Thomas Fischle, langjähriger Schulleiter der Käthe-Kollwitz-Schule. Eigentlich ist der 68-Jährige seit August 2021 im Ruhestand, doch als ihn der Ruf ereilte, in der Tobias-Mayer-Schule eine tragende Rolle zu übernehmen, musste er nicht lange überlegen – sehr zur Freude von Ulrike Völter: „Einen so erfahrenen Pädagogen als stellvertretenden Schulleiter zu gewinnen, ist ein Glücksfall.“ Dass sich Fischle für dieses Projekt begeistern ließ, ist nicht überraschend – immerhin zählte die Käthe-Kollwitz-Schule vor Jahren zu den ersten Schulen im Land, die Geflüchtete unterrichtet haben. „Es berührt, wenn man die Geschichten vieler Schülerinnen und Schüler hört“, erzählt Fischle. „Wenn ich für diese Menschen etwas tun kann, mache ich das sehr gerne.“

Ein gutes Dutzend unterschiedlicher Nationalitäten werden an der Tobias-Mayer-Schule unterrichtet, derzeit kommt etwa ein Drittel der Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine. Jede und jeder bringt eine eigene Geschichte und ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit. Viele der ukrainischen Schülerinnen und Schüler mussten ihre Heimat verlassen und bangen um ihre Familien. Viele tun sich schwer, das Erlebte zu verarbeiten. Manche wollen hier bleiben, andere hoffen auf Frieden, um in ihre Heimat zurückkehren zu können. Für manche kommt ukrainischer Unterricht hinzu, in den sie sich digital einklinken. Fischle weiß: „Ich erlebe eine hohe Motivation. Das Wichtigste ist, so schnell wie möglich Deutsch zu lernen. Das ist die Voraussetzung für schulischen und beruflichen Erfolg und letztlich auch für eine gelungene Integration.“ Deshalb versuchen die Lehrerinnen und Lehrer, in jedem Fach so weit wie irgend möglich sprachliche Aspekte einzubauen – Mathematiklehrer Fischle setzt beispielsweise auf Textaufgaben, Zahlen werden gerne auch mal ausgeschrieben. So werden zusätzliche Berührungspunkte mit der deutschen Sprache geschaffen.

Neben dem Unterricht in zentralen Fächern spielen Schlüsselqualifikationen wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit eine wesentliche Rolle im Unterricht. Und es gibt zusätzliche Angebote mit ganz praktischem Hintergrund wie den Besuch der EZ-Karrieremesse, eine Unterrichtseinheit „Zeitung in der Schule“ oder einen Museumsbesuch. Fachleute der Arbeitsagentur kommen ins Klassenzimmer. Und im VAB-R soll ein 30-tägiges Praktikum Wege ins Berufsleben ebnen. Ulrike Völter: „Unser großes Ziel ist es, über den Hauptschulabschluss einen beruflichen Einstieg zu eröffnen und möglichst viele in eine Ausbildung oder zur Mittleren Reife zu führen.“  adi

Nähere Informationen gibt es im Internet unter https://www.tobias-mayer-schule.de