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Rückenwind für Radler vom Arbeitgeber

Foto: Roberto Bulgrin

Ein passionierter Radfahrer war Thomas Rumpf schon immer. Aber selbst er konnte sich früher nicht immer dazu überwinden, von Ostfildern nach Esslingen zur Arbeit zu fahren. „Da habe ich mich schon manchmal gefragt, ob ich mir die Mühe heute mal spare“, erinnert er sich. Vor allem der Heimweg war ein Kraftakt. Seit er sich aber vor zweieinhalb Jahren  ein Elektro-Bike geleast hat, ist das anders. „Ich fahre viel mehr mit dem Rad“, sagt er.  Gut 4000 Euro würde sein Bike kosten. „Zum Kaufen hätte ich das mir wahrscheinlich drei Mal überlegt“, sagt Rumpf. Doch der Mitarbeiter der Firma Hermann Bilz hat das Bike über seinen Arbeitgeber nur gemietet. Die monatliche Leasing-Rate wird ihm durch eine sogenannte Gehaltsumwandlung vom Bruttolohn abgezogen. So koste ihn das „Top-Fahrrad“ nur rund 100 Euro im Monat, inbegriffen sind da unter anderem  In­spektion, Ersatzteile und eine Vollkaskoversicherung. Die Bedenken der Gewerkschaften, dass durch die Gehaltsumwandlung Sozialbeiträge und damit auch Ansprüche verloren gehen, hält Thomas Rumpf in den meisten Fällen für übertrieben. „Das hängt sicher auch vom Steuersatz ab“, sagt er. 
Auch die Firma Balluff aus Neuhausen hat 2021 Fahrradleasing eingeführt. Mit dem neuen Tarifvertrag Fahrradleasing der IG Metall könne man  allen Mitarbeitern an den deutschen Standorten ein solches Angebot machen, heißt es von dem Unternehmen. So wolle man das Gesundheits- und Umweltbewusstsein  fördern. Das Interesse sei groß. Derzeit werde mit dem Betriebsrat eine  Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die zum 1. Juni  gelten soll.  Der Sensor- und Automatisierungsspezialist arbeitet mit  dem Anbieter  JobRad aus Freiburg zusammen. „Das Konzept  funktioniert ähnlich wie das Dienstwagenleasing — nur eben mit Fahrrädern und E-Bikes statt Autos“, erklärt Michael Weinfurter, der die  weltweite Personalarbeit des Unternehmens verantwortet. Das geleaste Rad  dürfe  für den Arbeitsweg,  aber auch privat und sogar von Familienangehörigen mitbenutzt werden. Jeder Beschäftigte darf  zudem bis zu zwei Fahrräder leasen, etwa für den  Ehepartner oder ein Kind. „Das passt auch in unser Verständnis  als Familienunternehmen“, sagt Weinfurter. 
Bei der Firma Festo wurden nach Angaben einer Unternehmenssprecherin seit der Einführung im Oktober 2021 deutschlandweit bereits 700 Bikes geleast oder sind bestellt. Im Rahmen einer Bruttoentgeltumwandlung kann jeder Beschäftigte bis zu zwei Fahrräder leasen. Wie Balluff arbeitet auch Festo mit einem externen Anbieter zusammen. Wer beim Fahrrad-Leasing teilnimmt, der bekommt von Festo  eine zusätzliche Förderung in Form eines monatlichen Bruttoentgeldzuschusses. Seine Wertschätzung für alle Radler bringt das Unternehmen aber auch dadurch zum Ausdruck, dass es am Stammsitz in Berkheim 200 überdachte Stellplätze reserviert. Für das Unternehmen ist Fahrradleasing ein zusätzlicher Benefit für die Beschäftigten. „Sie  können  etwas für die eigene Gesundheit tun und gleichzeitig einen Beitrag für nachhaltigere Mobilität und den Klimaschutz leisten“, sagt  Frank Notz, Vorstand Human Resources bei Festo. 
 Dienstfahrräder gibt es aber längst nicht mehr nur in der privaten Wirtschaft. Auch  im öffentlichen Dienst wird die umweltfreundliche Mobilität per Zweirad gezielt gefördert. So hat etwa die Stadt Ostfildern im letzten September   einen Radlerbonus für alle, die zur Arbeit strampeln, und einen zinslosen Gehaltsvorschuss zum Kauf eines Rades eingeführt. Solche Ideen wurden bei der Stadt Esslingen wegen der angespannten Haushaltslage  verworfen. Ebenso der Vorschlag, Dienstfahrräder in so großer Stückzahl zu beschaffen, dass viele Beschäftigte sich gleichzeitig ein Rad ausleihen können. Anfreunden kann sich die Stadt  mit Fahrradleasing, das durch eine Tariföffnung seit März 2021 auch für kommunale Arbeitgeber möglich ist.  Außerdem sollen elf Dienst-Pedelecs und drei Ladesäulen angeschafft  werden.  
Für den Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) sind Jobbikes ein wichtiges Instrument, um dem Radverkehr insgesamt mehr Rückenwind zu verschaffen. „Das Rad muss als gleichwertiges Verkehrsmittel zum Auto gesehen werden“, sagt Mathias Rady, Geschäftsführer des ADFC im Kreis Esslingen.  Jeder  mit dem Rad zurückgelegte Kilometer   spare Kraftstoff. Angesichts der Klimakrise und des Ukraine-Kriegs sei das wichtiger  denn je.  
Radpendler Thomas Rumpf, der beim ADFC aktiv ist,  weist aber auch darauf hin, dass es mit der Anschaffung eines tollen Rades allein nicht getan ist. „Auch die Infrastruktur muss sich deutlich verbessern“, findet er. „Radfahrer  wollen durchgängig und zügig vorankommen und sie wollen sich sicher fühlen“. Beim Thema Radschnellweg sei man im Kreis Esslingen aber noch zu wenig vorangekommen. 

Vorteile von Fahrradleasing

Beim Bikeleasing werden die Raten meistens durch eine sogenannte Gehaltsumwandlung gezahlt. Die Rate wird vom Bruttogehalt abgezogen, es fallen keine Steuern und Sozialabgaben an. Je nach Einkommen und Steuerklasse können sich die Kosten im Vergleich zum Kauf um bis zu 40 Prozent reduzieren. Die Leasingverträge laufen in der Regel drei Jahre. Die private Nutzung eines Dienstrades muss als geldwerter Vorteil versteuert werden. Seit  1. Januar 2020 wird ein reduzierter Wert angesetzt:  Der Bruttolistenpreis des Rads wird zuerst geviertelt und der Wert gerundet. Von diesem Betrag wird dann ein Prozent versteuert. Davor wurde ein Firmenrad steuerlich wie ein Dienstwagen behandelt.