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Seite 3 Redaktion

Nilgänse sind unerwünscht

Foto: Elke Hauptmann

Nilgänse sind vielerorts ein Problem. Damit das in Esslingen nicht auch passiert, gibt es jetzt ein „Gänsemanagement“, um die Vögel aus Parks und dem Neckarfreibad zu vertreiben. Die Nilgans, wohl eine der verhasstesten Vogelarten in Deutschland. Und das, obwohl die Tiere mit ihrem bunten Gefieder eigentlich ganz possierlich ausschauen. Der Grund: Sie gelten als aggressiv, laut und hinterlassen überall ihren Kot. Der invasive Zugvogel fühlt sich inzwischen auch im Kreis Esslingen immer wohler.

Die ursprünglich in Afrika heimischen Tiere werden seit dem 18. Jahrhundert in Großbritannien und den Niederlanden als Ziergeflügel gehalten. Entflohene Tiere konnten sich in Europa verbreiten. Zu einem Problem ist die Nilgans laut Stadtverwaltung in Esslingen noch nicht geworden – und das soll auch so bleiben. Mit mehreren schonenden Maßnahmen soll den Vögeln beigebracht werden: Ihr seid hier nicht erwünscht.

Als Kulturfolger hält sich die Nilgans gerne dort auf, wo sich auch Menschen tummeln wie im Neckarfreibad und im Merkel- oder Maillepark, wo die Tiere zuweilen gesichtet werden. Das hat laut Stadtverwaltung einen einfachen Grund: „Das kurze, saftige Gras gehört zur Leibspeise der Vögel.“ Entgegen manchem Ammenmärchen, wonach Nilgänse auch mal die Küken anderer Wasservögel fressen, leben sie vegetarisch.

Selbst die übermäßige Aggression der Tiere, mit der sie heimische Wasservögel in großer Zahl von ihren Nistplätzen vertreiben sollen, gehört ins Land der Mythen. In einer wissenschaftlichen Stellungnahme der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft heißt es zur Beurteilung von Nil- und Kanadagänsen: „Es gibt keinerlei Belege für die Behauptung, dass beide Arten irgendeine heimische Tierart gefährden. Auch die vielfach behauptete übermäßige Aggression der Nilgans konnte bisher nicht nachgewiesen werden.“ Auch der Nabu schätzt die ökologische Schädlichkeit der Nilgans aktuell als gering bis nicht vorhanden ein. Die Vögel könnten allerdings, wenn sie bedrängt werden würden, „ein territoriales Verhalten“ an den Tag legen – das gilt auch für die Nistzeit.

Was das Tier wohl tatsächlich so unbeliebt macht, dass es die anderen ihm zugeschrieben Eigenschaften einfach nicht aus dem Gefieder schütteln kann: Sie sind laut und sie hinterlassen jede Menge Kot: „Jede Nilgans kann an einem Tag bis zu einem Kilo an Exkrementen hinterlassen“, teilt die Stadtverwaltung mit. Das sei vor allem im Freibad ein Problem: „Die Freibadmitarbeitenden müssen einen enorm großen Aufwand betreiben, damit der Kot nicht in die Becken gelangt und für eine Keimbelastung sorgt.“ Besonders gefährlich ist der Kot bei Berührung für den Menschen laut der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft übrigens nicht: „Für eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch Gänsekot gibt es keinerlei Hinweise.“ Dies liege daran, dass die Körpertemperatur der Tiere um einige Grad höher als beim Menschen liege. Für Vögel typische Krankheitserreger seien dadurch für Menschen meist ungefährlich.

Was also hat die Stadt vor, um die wild kotenden Gänse zu vertreiben? Stadt und Stadtjäger Christian Schwenk entwickelten gemeinsam ein Gänsemanagement. „Uns geht es darum, die Gänse in andere Bereiche zu lenken“, wird Schwenk in einer Mitteilung zitiert. Beliebte Liege- und Badeplätze sollen für die Nilgänse unattraktiv gemacht werden. In einem ersten Schritt gehe es um das Identifizieren von solchen Plätzen, die gerne von den Vögeln angeflogen werden. Durch „gestalterische Veränderungen“ soll den Vögeln anschließend die Aufenthaltsqualität vermiest werden.

„Denkbar ist es zum Beispiel, kniehohe Blühwiesen anzulegen. Weil Gänse dadurch potenzielle Fressfeinde nicht sehen können, fühlen sie sich unwohl. Deswegen könnte diese Maßnahme die Tiere vertreiben“, sagt die Stadtverwaltung. Wenn das nicht ausreichen sollte, „könnten die Gänse gezielt erschreckt werden oder es könnten einzelne Tiere entnommen werden, was für Unruhe in der Gruppe sorgt und die Vögel letztlich vertreibt.“ Laut Stadtjäger Schwenk sollen die Maßnahmen wenn möglich nicht tödlich sein. Durch Monitoring solle festgestellt werden, ob die Gänse auch dauerhaft die Flatter machen.

Der Nabu steht einer Bejagung der Tiere grundsätzlich nicht im Wege, sofern die toten Tiere danach auch genutzt werden. Nilgänse kann man nämlich essen. Der Geschmack soll laut diverser Internetforen an Entenfleisch erinnern. Im Netz gibt es auch direkt allerlei Rezepte für beispielsweise „Wildgulasch von der Nilgans“. Aber Achtung, wer jetzt fühlt, wie der Jagdinstinkt in ihm aufkommt: Obwohl die Tiere nicht unter Naturschutz stehen, wird das Fangen, Verletzen oder Töten eines Wildvogels in Baden-Württemberg mit bis zu 15 000 Euro bestraft. Auch für Jäger ist das Abschießen der Tiere in besiedelten Gebieten nicht erlaubt. (ff)