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Seite 3 Redaktion

Marvintsp setzt sich gegen Mobbing ein

Foto: Roberto Bulgrin

Ein junger Mann aus Esslingen hat in Coronazeiten begonnen, Comedy-Clips zu drehen. Mittlerweile ist Marvintsp ein Social-Media-Star mit mehr als zwei Millionen Followern. Nun will er sich auch in Schulen gegen Rassismus und Mobbing einsetzen.

Marvintsp kann sich nicht verstecken. Als der Zwei-Meter-Mann zur Autogrammstunde vor das Modegeschäft Paulette in der Esslinger Innenstadt tritt, haben ihn schnell zwei elf und 13 Jahre alte Jungen entdeckt. Aufgeregt bitten sie ihn um ein Selfie und ein Autogramm. Quietschend hüpfen sie dann davon, um mit vier Freunden wieder zu kommen. Bald ist der Social-Media-Star von einer kleinen Gruppe umringt. Den kenne man, seine Videos seien lustig, sagen die Jungen. „So etwas freut mich extrem“, sagt Marvintsp über das Zusammentreffen mit seinen Fans. „Es zeigt mir, welchen Einfluss ich habe, welche Verantwortung.“ Diese will der junge Mann übernehmen. Er hat das Ziel, Kindern und Jugendlichen, die Mobbing oder Rassismus erfahren, zur Seite zu stehen.

Hinter dem Pseudonym Marvintsp verbirgt sich Marvin Tony Sperber. Der Esslinger, der in wenigen Tagen 24 wird, hat in Coronazeiten damit begonnen, lustige Videos zu drehen. Mittlerweile hat er weit mehr als zwei Millionen Follower auf den Plattformen Tik Tok, Youtube, Snapchat und Instagram. In den Clips geht es um schräge Alltagssituationen beispielsweise in Beziehungen oder beim Friseurbesuch, die Sperber bis zur Absurdität auf die Spitze treibt. Meist spielt er selbst mehrere Rollen, zwischen denen mit schnellen Schnitten gewechselt wird. Besonders bei Jugendlichen und der Altersgruppe bis 24 kommt das gut an.

Aber auch Erfahrungen von Alltagsrassismus werden auf komische Art thematisiert. Beispielsweise, wenn der Türsteher Ausreden erfindet, um Schwarze nicht in die Disco zu lassen. „Das ist eine Situation, die mir wirklich so passiert ist“, sagt Sperber. Eigene Erlebnisse und die von Freunden mit Humor aufzugreifen, helfe ihm selbst, sie zu verarbeiten. Doch auch dabei, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu erreichen. Auch als erfolgreicher Social-Media-Star ist Marvintsp noch rassistischen und anders gelagerten Anfeindungen ausgesetzt, vor allem online. Mittlerweile weiß er damit umzugehen. Als Sohn eines nigerianischen Vaters und einer deutschen Mutter sah sich Sperber in seiner Kindheit und Jugend in Esslingen Rassismus und Mobbing ausgesetzt, wie er berichtet. So sei er beispielsweise von Kindern einer anderen Schule mit dem N-Wort betitelt worden, das für eine rassistische und herabwürdigende Bezeichnung schwarzer Menschen steht. Doch als er sich an eine Autoritätsperson gewandt habe, habe man ihm nicht geglaubt. Sperber will aber nicht bei Vorwürfen an die damals Beteiligten verharren. Vielmehr will er etwas ändern. Immer wieder kämen Fans auf ihn zu, die ähnliche Erfahrungen machen und um Ratschläge bitten. „Sehr viele Kids haben die gleichen Probleme wie ich früher“, sagt Sperber. Es gebe sehr viel Mobbing und Rassismus. Beides hängt für ihn zusammen. So sei Mobbing an Schulen häufig durch Rassismus motiviert. „Kinder mobben einen Klassenkameraden, weil er anders aussieht. Was Rassismus ist, wissen sie nicht unbedingt.“

 

Training als Antimobbingcoach

 

Sperber hat eine sechsmonatige Ausbildung als Selbstbehauptungs- und Resilienztrainer gemacht, die Urkunde hat er am vergangenen Samstag erhalten. Nun will er zu Schulen in ganz Deutschland touren, um Kurse zu geben. Erste Termine in diesem Jahr gibt es bereits. „Mein Ziel ist es, die Kinder zu schützen und widerstandsfähiger zu machen.“ In Mobbingsituationen lasse sich bei den Tätern oft wenig ausrichten, wohl aber bei den Betroffenen.

Bald zieht es Sperber von Esslingen nach Berlin. Die Stadt sei der perfekte Ort für Content Creation, erklärt er, auf Deutsch das Erstellen von Inhalten in unterschiedlichen Formaten. Zudem seien viele Stiftungen in Berlin angesiedelt, von denen er sich Unterstützung bei seiner Arbeit gegen Mobbing und Rassismus erhofft und Reichweite auch für Projekte im Raum Esslingen und Stuttgart zu erhalten. Nicht vernachlässigen will Marvintsp dabei aber seine Comedy-Inhalte, es gehe ihm immer noch um den Humor. „Ich will nicht mit jedem Video aufklären. Es ist auch immer noch ein Hobby.“

 

Social-Media-Star wird auch auf der Straße erkannt

 

Und damit hat er Erfolg: Sobald er aus dem Haus tritt, wird Marvin Sperber erkannt. Auch in Esslingen und obwohl er die Autogrammstunde nicht beworben hat, damit nicht zu viele seiner Fans die Kundinnen bei „Paulette“ verdrängen. Am Postmichelbrunnen bleiben Passanten stehen, um zu schauen, warum sich Jugendliche um einen großen, jungen Mann scharen. Ob es sich wohl um einen Basketballer handele, fragt ein Erwachsener. Auch viele Kundinnen von Andrea Menze, die „Paulette“ führt und die sogenannte Shootingparty organisiert hat, kennen die Clips von Marvintsp nicht. „Das ist natürlich nicht ganz so zielgruppenkonform“, räumt Menze ein, die Sperber über dessen Mutter kennt und eigener Aussage nach selbst begeistert von ihm ist. „Aber viele fragen für ihre Kinder oder Enkel nach Autogrammen.“ Und freilich bringe Marvintsp Glamour zur Shootingparty.