Foto: Roberto Bulgrin
Ein wenig trostlos stellt sich die Lage für die Stammkunden von Kögel und Karstadt in Esslingen derzeit wohl dar: In den Schaufenstern und von den Decken hängen grellbunte Schilder mit Rabatten und Sprüchen wie „Alles muss raus“, während die Regale und Kleiderstangen darunter teilweise leer geräumt und die Puppen in den Schaufenstern nackt sind. Karstadt will nun nicht Ende des Monats, sondern schon am 17. Januar zum letzten Mal öffnen, weil laut Geschäftsleitung der Filiale die Bestände zur Neige gingen. Alexander Kögel plant derzeit, am Abend des 27. Januars endgültig die Pforten zu schließen.
Angesichts der Schließung dieser zwei großen Player stimmten Pessimisten in den vergangenen Monaten bereits den Abgesang auf den Esslinger Einzelhandel an. Doch von der Stadt und von Kögel kommen in diesen Tagen positive Signale. Der Modehauschef ist guter Dinge, dass schon im Frühjahr auf einem Teil seiner Flächen Nachmieter neu eröffnen.
Laut der Citymanagerin Carina Killer ist der Leerstand in Esslingen nicht so dramatisch, wie es manchmal erscheinen mag. Waren es 2019 – vor der Pandemie – zehn bis 14 Prozent, so seien es im vergangenen Jahr zehn bis 13 Prozent der Ladenflächen gewesen. Um Leerstand zu vermeiden und zu verringern, suche das Citymanagement früh Kontakt zu den Immobilieneigentümern. Insbesondere bei Flächen bis 80 Quadratmetern sei es oft gelungen, schnell Nachfolger zu finden. „Wir haben Glück in Esslingen. Es haben einige interessante Geschäfte neu eröffnet“, sagt Killer.
Das spiegelt eine allgemeine Entwicklung wider: Der Bedarf an kleineren Flächen sei größer, sagt Killer weiter. In der Kategorie Kögel oder Galeria mit 3000 bis 5000 Quadratmetern werde es mutmaßlich schwieriger, alles eins zu eins mit Einzelhandel nachzubesetzen. Es gebe nur wenige Unternehmen, die Flächen dieser Größe bespielten und expandierten. „Wir sind bemüht, dass wir die Flächen zumindest zum Teil mit Einzelhandel und Textil nachbesetzen“, sagt die Citymanagerin.
Alexander Kögel selbst ist guter Dinge, für seine Immobilien Nachnutzer zu finden. „Ich bin relativ weit mit den Nachvermietungsgesprächen, obwohl die Branche ein halbes Jahr vorher Waren einkauft.“ In das Geschäft in der Bahnhofstraße, in dem Mode für eine jüngere Zielgruppe verkauft wurde, könnte bereits im Frühjahr ein Nachfolger einziehen. Beim Modehaus am Postmichelbrunnen werde es schwieriger. Er sei nicht optimistisch, dass es noch 2024 eine Neueröffnung geben werde. Unter anderem steht ein Einzug der Bücherei zur Debatte. In diesem Jahr will die Stadtverwaltung das Thema in den Gemeinderat einbringen.
Derweil geht der Rechtsstreit in der Karstadt-Mietsache zwischen dem Warenhauskonzern und dem Immobilieneigner BPI weiter, obwohl klar ist, dass die Filiale geschlossen werden soll. Am 1. März ist ein Termin am Landgericht Stuttgart angesetzt. Wie die Flächen weitergenutzt werden, liegt bei BPI. Die Stadt hatte einen Einzug der Volkshochschule ins Spiel gebracht.
Und wie steht es um den Einzelhandel an sich in Esslingen? Das Weihnachtsgeschäft sei spät angelaufen. Infolge des Konjunkturabschwungs und der Inflation sei eine Kaufzurückhaltung zu verzeichnen, sagt Killer. Für die Zukunft erwarte sie, dass in Bereichen, in denen der Onlinehandel bereits stark vertreten ist, eine weitere Konsolidierung einsetzen werde. Doch der stationäre Einzelhandel werde fortbestehen. Die Citymanagerin sieht Modelle wie Genossenschaften oder Mixed-Use-Flächen im Kommen, bei denen Handel und Gastronomie oder Dienstleistung in einem Geschäft zusammengehen. Auch Alexander Kögel sieht eine Zukunft für seine Mitbewerber. „Ich glaube an den stationären Einzelhandel, nur nicht an unsere Betriebsgröße.“ Das Geschäft in seinen Modeläden war seiner Aussage nach in den vergangenen Monaten gut. „Seit die Nachricht raus ist Ende Juni, erfahren wir viel Unterstützung“, so Kögel.
Und was macht er selbst nach der Schließung? Er sei noch nicht dazu gekommen, sich etwas zu überlegen. Er wisse nur, dass er arbeiten wolle und müsse, so der 52-Jährige. Und er wolle in Esslingen bleiben und zumindest ein paar Ehrenämter behalten, etwa das Amt als Stadtrat. „Ich will mich zur Kommunalwahl wieder aufstellen lassen.“ (gg)