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Seite 3 Redaktion

Für trockene Zeiten ist vorgesorgt

Foto: Roberto Bulgrin

Die feucht-kalten Herbsttage der vergangenen Wochen lassen das Thema Wasserknappheit gefühlt in weite Ferne rücken. Doch angesichts zunehmender Trockenheit im Sommer ist der Regen im Winter umso wichtiger, um die Wasserspeicher aufzufüllen. Das gilt vor allem in Regionen Deutschlands, die  stark unter der Dürre der vergangenen Jahre leiden –  mancherorts wurde  das Wasser in Hitzeperioden bereits knapp. Davon ist man in Esslingen laut den Stadtwerken aber noch weit entfernt.
Auf den ersten Blick ist kaum zu erkennen, dass sich direkt vor der Esslinger Burg einer der größten Hochbehälter der Stadt befindet. Nur eine schwere Stahltür in einer Senke neben einem Spielplatz deutet darauf hin, dass  hier noch etwas anderes sein könnte als historisches Gemäuer und Grünflächen. Unbefugten ist der Zutritt zu dem Wasserreservoir verboten – und wer die Räume unter der Wiese vor der Burg betreten darf,   muss Plastikhüllen über die Schuhe ziehen, um möglichst wenig Dreck hineinzutragen.  Denn es handelt  sich hier um Trinkwasser und damit um ein sensibles Lebensmittel.
Deshalb ist die Halle mit ihren  charakteristischen Säulen, die Millionen Liter Wasser fasst, auch klar vom Technikbereich des Hochbehälters getrennt. Das kostbare Nass ist nur durch ein Fenster in der dicken Betonwand zu sehen. Lediglich  in Ausnahmefällen darf die schwere Metalltür zu der Halle geöffnet und ein balkonartiger Vorsprung dahinter betreten werden – etwa wenn Wasserproben gezogen werden.  Das passiert regulär etwa einmal pro Monat, hinzu kommen verschiedene Sonderproben. Außerdem wird das Wasser in den städtischen Hochbehältern einmal pro Woche auf Verunreinigungen kontrolliert.
Nur einmal im Jahr wird der Hochbehälter tatsächlich betreten, nämlich wenn er gereinigt wird. Dafür muss er zunächst komplett geleert werden. Dann säubern Mitarbeiter die Halle. Sie müssen eigens dafür vorgesehene Spezialkleidung tragen. Die zwei Kammern des Hochbehälters können getrennt genutzt werden, sodass während der Reinigung der einen Kammer die andere weiter für die Wasserversorgung der Bevölkerung genutzt werden kann. Laut der Stadtverwaltung sind selbst bei solchen Anlässen keine Engpässe zu befürchten. Auch generell macht sich Simon Heeß, der Leiter des Betriebs Netze und Anlagen bei den Esslinger Stadtwerken, keine Sorgen über die örtliche Wasserversorgung. „Wir haben zwei Fernwasseranschlüsse, wir sind gut gerüstet“, sagt er. Das sei ein großer Vorteil gegenüber Kommunen, die mit nur einer Fernwasserversorgung ausgestattet seien oder ihr Wasser aus lokalen Brunnen bezögen. Zwar werde bei längerer Trockenheit auch in Esslingen mehr Wasser entnommen, und es könne durchaus zu hohen Tagesspitzen kommen. Aber Wasserknappheit sei angesichts der Versorgung durch Landeswasser und  Bodenseewasser kein Thema.
Schwierig für die Wasserversorgung sei eher die topografische Lage Esslingens, sagt Heeß. Die unterschiedlichen Höhen machten die Versorgung durchaus anspruchsvoll – und seien der Grund dafür, dass man in Esslingen vergleichsweise viele Wasserreservoirs betreibe. Insgesamt gibt es laut Heeß zwölf Hochbehälter in Esslingen, die mit mehreren Millionen Litern Trinkwasser als erste Puffer für Zeiten hohen Wasserverbrauchs dienen.  Der Hochbehälter Burg etwa fasst 4400 Kubikmeter Wasser, das sind 4,4 Millionen Liter.  Laut Heeß soll sich der Behälter jeden Tag mindestens einmal umsetzen, das bedeutet, es soll einmal die gesamte Wassermenge entnommen und durch neues Wasser ersetzt werden. Im Durchschnitt setze sich der Behälter sogar anderthalbmal am Tag um, so Heeß.
Im Technikraum des Hochbehälters kann Heeß nicht nur den Pegelstand des Wassers ablesen, sondern auch genau sehen, wie viel Wasser zu- und und wie viel abläuft. Ein vollautomatisches Leitsystem kontrolliert das Esslinger Leitungsnetz. Bei Auffälligkeiten wie etwa einer gekappten Verbindung oder ungewöhnlich hohem Wasserdurchlauf wird eine Störmeldung auf das Handy des Bereitschaftsdiensts gesendet. Dieser muss dann den Grund für die Störmeldung suchen.
Das kann im Zweifelsfall dauern, etwa wenn es sich um ein Leck oder einen Rohrbruch handelt. Denn nicht immer ist sofort klar, wo in dem unterirdischen Leitungssystem sich die undichte Stelle genau befindet. Zwar sind laut Heeß viele Rohre mit Sensoren ausgestattet, die die Fließrichtung des Wassers angeben und so bei der Suche helfen können. Doch oftmals müsse man die Lecks über spezielle Mikrofone anhand von Fließgeräuschen orten. Da seien erfahrene Mitarbeiter gefragt. Ohnehin sei die menschliche Expertise essenziell: „Jeder technische Mitarbeiter weiß, wie die Hochbehälter manuell funktionieren und kann diese selbstständig bedienen.“ Schließlich könne die Technik mal ausfallen – dann sei es wichtig zu verstehen, wie das System aufgebaut ist. (meb)