Foto: Karin Ait Atmane
Die Katholische Erwachsenenbildung Esslingen feiert 50-jähriges Jubiläum. Seit ihrer Gründung musste sich die Einrichtung immer wieder neu erfinden. Bis heute gilt aber, dass alle willkommen sind und „man auch einfach zum Stepptanzen kommen darf“.
Missioniert wird nicht. Das ist ein eiserner Grundsatz der Katholischen Erwachsenenbildung (keb) Esslingen, ungeachtet ihres kirchlichen Hintergrundes. Bei ihr sind alle willkommen, egal welcher Konfession, egal, ob gläubig oder nicht. Bei ihren vielfältigen Angeboten darf der Glaube zur Sprache kommen, muss es aber nicht, wie Ulrich Schulz, der Vorsitzende der keb Esslingen sagt. „Wenn jemand nur zum Stepptanzen kommt, ist das auch okay“, so Vorstandsmitglied Susanne Geyer. Der Glaube komme dennoch zum Ausdruck, findet Thomas Dietz, der stellvertretende Vorsitzende, wenn auch eher indirekt: in Werten wie Solidarität oder Gemeinschaft und darin, existenzielle Fragen zu stellen, die Menschen bewegen. Finanziert wird die keb zum größten Teil mit Bildungsmitteln des Landes, auch die Diözese steuert einen Teil bei.
Entstanden ist die Katholische Erwachsenenbildung, damals unter dem Namen Katholisches Bildungswerk, 1974, in einer Zeit, in der „lebenslanges Lernen“ zu einem großen gesellschaftlichen Thema wurde und auch die Volkshochschulen expandierten. Als Konkurrenten sahen die Weiterbildungseinrichtungen sich nicht, jede hatte ihre Schwerpunkte, und an vielen Stellen laufen bis heute Kooperationen. So wurde der Bereich „Familie“, der bei den Volkshochschulen kaum eine Rolle spielte, in den Anfangsjahren zu einem wichtigen Schwerpunkt, erzählt Emanuel Gebauer, der seit 2016 Geschäftsführer der keb Esslingen ist. „Da waren wir in der Anfangszeit sehr stark, das war ein Fokus, vor allem in Esslingen.“
Als ein weiterer Schwerpunkt kristallisierten sich „Religionen“ heraus, bewusst in der Mehrzahl formuliert. Denn es geht vor allem um den interreligiösen Dialog zwischen Christen, Muslimen und Juden, eine Thematik, die aktueller denn je ist. Seit vielen Jahren richtet die keb zudem zusammen mit dem Evangelischen Bildungswerk und dem Verein Denkzeichen in Esslingen die Gedenkfeier an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar aus. Und auch mit den Gewerkschaften, insbesondere mit dem DGB, besteht eine jahrzehntelange, enge Zusammenarbeit, die bei der keb unter dem Schlagwort „Kirche und Arbeitswelt“ eingeordnet ist. Als neuer Schwerpunkt hat sich aus der „Politischen Bildung“ die Weiterbildung von Ehrenamtlichen entwickelt, die in der Flüchtlingsarbeit tätig sind.
Manche Angebote kommen hinzu, manche verändern sich. „Im Prinzip muss sich die keb immer wieder neu erfinden“, sagt Ulrich Schulz. Was früher „Seminar für Brautleute“ hieß, hat heute den Titel „Ehe.Wir.Heiraten“ und findet teilweise als Erlebnistag im Freien statt. Ähnliches gilt für den schon immer wichtigen Bereich Kunst und Schreiben, wo aktuell beispielsweise „Urban Sketching“ im Programm steht. Seit zehn Jahren gibt es den Bereich JIN, der für „Jung, innovativ, nah“ steht und junge Menschen bis 32 Jahren anspricht. Er greift Dinge auf, die diese Altersgruppe beschäftigen: Es gehe darum, „seinen Platz in der Welt zu finden, seinen Platz in der Gesellschaft“, sagt Eileen Purnama, die als Teilnehmerin die Veranstaltungen von JIN kennenlernte und heute im Vorstand darüber mitentscheidet. Raum für Spiritualität und Gespräche über den eigenen Glauben gibt es ebenfalls. Und mit der Auflösung der Familienbildungsstätte Esslingen hat die keb zudem einen Teil von deren Kursen übernommen, die nun als eigener Bereich „Bildungshof“ laufen.
Bei alledem hat die Katholische Erwachsenenbildung zwei Ebenen: Zahlreiche Angebote im Programmheft gehen nicht von ihr als Verein aus, sondern von ihren Mitgliedern. Das sind die 31 katholischen Kirchengemeinden und weitere katholische Gruppen im Dekanat Esslingen-Nürtingen. Sie werden bei den Kursen, Vorträgen und anderem, was sie in ihren Gemeinden organisieren, von der keb unterstützt. Der Verein selbst konzentriere sich auf Themen, die auf Gemeindeebene nicht angeboten werden, bei denen man aber eine Nachfrage oder eine gesellschaftliche Relevanz sehe, erklärt Gebauer. Denn Kirche sehe Bildung als „kulturelle Diakonie“ und wolle „nicht auf sich selbst zurückgeworfen sein“, sagt Dekanatsreferent Bernhard Wuchenauer, der ebenfalls dem keb-Vorstand angehört. „Sie prägt damit Gesellschaft mit.“ (aia)