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Seite 3 Redaktion

Esslinger Schülerin schreibt Liebesroman

Foto: Roberto Bulgrin

Von wegen Jugendliche haben kein Interesse an Büchern. Die Esslinger Schülerin Lia Siegel hat als 13-Jährige sogar selbst eins geschrieben. Entstanden ist ihre Liebesgeschichte, die auf Baltrum spielt, beim täglichen Spaziergang während des Lockdowns. Jetzt hat ein Verlag den Roman „Eine Insel zum Verlieben“ herausgebracht. 

Wer Lia Siegel damals so sitzen sah mit ihrem Smartphone, hat wahrscheinlich gedacht, dass sie am Zocken oder Chatten ist. Wie so viele Jugendliche in dieser Zeit. Es ist das Jahr 2020, die Hochphase der Pandemie mit Schulschließungen und Kontaktsperre. Es gibt nur noch wenig, was junge Leute unternehmen können. Jeden Tag macht die Schülerin, die mit ihrer Familie im Esslinger Norden wohnt, einen Spaziergang zum Arboretum und setzt sich unweit des Parks auf eine Bank. Der kleine Ausflug wird zur Routine. Zuerst liest sie meistens ein bisschen in einem Buch und zückt dann das Handy, um mithilfe einer Notizenapp an ihrer eigenen Geschichte zu schreiben.

Dass daraus am Ende ein Roman entsteht, 165 Seiten lang, ist für die Familie immer noch wie ein kleines Wunder. „Ich habe zwischendurch immer wieder geglaubt, dass ich es nicht fertig bekomme“, sagt die 17-jährige Schülerin der Esslinger Waldorfschule. „Eine Idee zu haben und ein Buch schreiben zu wollen, ist ja das eine“, sagt ihre Mutter Anemone Siegel. „Eine ganz andere Sache ist es, das bis zum Ende zu schaffen“, drückt sie ihre Anerkennung aus. Ein Herbsturlaub auf Baltrum gibt Lia, mittlerweile 14 Jahre alt geworden, neue Impulse für die Geschichte. Seit sie und ihre Schwester klein sind, kommt die Familie regelmäßig auf die Nordsee-Insel, die allen ans Herz gewachsen ist.

Der Buchtitel „Eine Insel zum Verlieben“, der für Lia früh feststand, ist deshalb doppeldeutig zu verstehen. Baltrum ist Schauplatz des Romans, in dem sich die beiden Protagonisten Louisiana, die wie ihre Geschwister nach einem US-Bundesstaat heißt und Louis genannt werden will, und Mats ineinander verlieben. Ein Zufall, bei dem die 14-jährige Louis im Meer landet, bringt sie zusammen.

Welches Genre ihre Geschichte haben wird, war für Lia keine Frage. Sie selbst liest sehr viel, oft auch auf Englisch – und ausschließlich Liebesromane. „Ich wollte etwas Leichtes zum Wohlfühlen schreiben“, sagt die Schülerin. Dass ihre Figuren über das ganze Buch nie auseinandergehen, um sich wie in vielen anderen Büchern am Ende doch wieder zu versöhnen, hat aber noch einen anderen Grund. „Ich finde Trennungen meistens langweilig zu lesen“, sagt die 17-Jährige. Kitschig ist ihr Roman nicht, sondern mit viel Witz wird vom Familienleben und von Freundschaften erzählt. Und erwachsene Leserinnen und Leser erfahren nebenher noch etwas über Slang und Jugendsprache.

Natürlich würden eigene Erfahrungen in die Geschichte einfließen, sagt Lia. Die Wohnung im Buch etwa entspricht ziemlich genau ihrem Feriendomizil. Auch die beschriebenen Orte auf Baltrum sind authentisch. „Man kann sehr gut nachvollziehen, wo man sich gerade befindet“, sagt Lias Vater, Frank Siegel. Sonst ist aber nichts autobiografisch. „Die ganze Geschichte ist ausgedacht“, betont die 17-Jährige. Sie habe einfach drauflosgeschrieben und sich keinen Plan gemacht. Dennoch steckt in dem Buch sehr viel Arbeit. Korrekturlesen, schauen, ob die Anschlüsse passen, Formulierungen glätten – das habe Zeit gekostet. Zuletzt hat sie für den Podcast des Verlags noch Auszüge aus dem Buch eingesprochen. Seit Lia zur Autorin geworden ist, liest sie Bücher noch genauer, sie achtet vor allem darauf, wie andere den Satzbau konstruieren, sodass es flüssig und leicht klingt, und welche Vergleiche sie verwenden. Zitate, die ihr gefallen, markiert sie mit Post-its und tauscht Stellen mit Freundinnen aus. Schöne Worte schreibt sie in ein Notizbuch.

Erschienen ist Lias Buch im Baltrum-Verlag mit Sitz in Rheinland-Pfalz. Benannt wurde er nach der Nordsee-Insel, weil die Gründer Matthias Deigner und Carsten Böhn dort die ersten Pläne für ihr Projekt schmiedeten. Lias Mutter ist zufällig auf den Verlag gestoßen. Vor allem das Motto der nebenberuflichen Verleger habe ihr gefallen, erzählt Anemone Siegel. „Manche Texte müssen einfach gedruckt werden“, finden die beiden. (pep)