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Café Sonne strahlt jetzt auch kulturell

Foto: Roberto Bulgrin

Durch ein erweitertes Konzept wollen sich die gemeinnützigen Werkstätten Esslingen/Kirchheim mit ihren drei gastronomischen Einrichtungen noch stärker in die jeweilige Stadtgesellschaft einbringen.

Fruchtige Kuchen, feine Torten, leckeres Eis. Ein regelmäßiger Mittagstisch und die zahlreichen Kaffeespezialitäten überzeugen ebenfalls: Am bewährten Angebot im Esslinger Café Sonne in der Küferstraße, das von Montag bis Samstag jeweils von 9 bis 17.30 Uhr geöffnet ist, hat sich nichts geändert – und wird sich auch nichts ändern.

Dennoch tut sich was in dem gemütlich eingerichteten Etablissement, das von den gemeinnützigen Werkstätten Esslingen/Kirchheim (WEK) betrieben wird. Ebenso wie das Café Mittendrin in Kirchheim und das Plochinger Café Morlock, wo die gesammelten Konditorei- und Backwaren hergestellt werden.

Unter dem Titel „Gemeinsam kreativ“ will das Café Sonne von diesem Monat an auch kulturell strahlen. Lilith Fain, die Teamleiterin Gastronomie und Handel bei den WEK, schildert, was sich dahinter verbirgt: „Wir werden in der Sonne ein buntes Programm für Groß und Klein anbieten, ebenso gemeinschaftlich und inklusiv wie künstlerisch und kreativ.“

Einen Vorgeschmack darauf gab es bereits in der Osterzeit unter der Devise „Gestalte dein Osterei“. Die fertigen Werke zierten in der Folgezeit die Schaufenster des Cafés. Aber das war nur der Auftakt, denn künftig gibt es an jedem Dienstagnachmittag Mal- und Bastelangebote für Kinder. Der Nebeneffekt: In aller Ruhe können sich die Eltern bei Kaffee und Kuchen austauschen, unterhalten – und es sich gut gehen lassen.

Das ist aber nicht alles: So wird gerade eine Kinder-Kreativecke eingerichtet. Und immer wieder mal wird im Rahmen der „Kinderkultur“ ein Clown im Café vorbeischauen. Regelmäßig sollen zudem Kunstausstellungen stattfinden. Los geht’s mit Werken von Josy Montwill, die am 14. Mai auch live in der Sonne malen wird.

Literatur und Sound sind bei gemeinsamen Auftritten des blinden Autors Manfred Tretter und des Musikers Dirk Werner angesagt, erstmals am 13. Mai. Mitgemacht wird darüber hinaus bei der Esslinger Musiknacht am 25. Oktober, bei der Josy Bastille ihren Soul präsentiert. Zudem findet am 26. Juni ein Dinge-Tausch-Tag statt.

Völliges Neuland sind solche Veranstaltungen für das Café Sonne zwar nicht, die Regelmäßigkeit aber dann doch und so war die Bereitschaft des eingespielten achtköpfigen Teams gefragt, die zusätzliche Herausforderung zu stemmen.

Eine eher rhetorische Frage, wie „Urgestein“ Andrei Balan versichert: „Wir sind ein Teil von Esslingen, also sollten wir uns auch mit der Esslinger Kultur befassen“ sagt der 39-Jährige, der seit 2012 im zwei Jahre zuvor eröffneten Café Sonne arbeitet. Das Motto des Hauses laute ja nicht von ungefähr – und wie auf den Shirts des Personals zu lesen – „wir führen zusammen“.

Dieses Zusammenführen ist im übrigen eines der Hauptanliegen der WEK. Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten in der staatlich anerkannten Einrichtung zwar in unterschiedlichen Bereichen, aber überall gemeinsam: Ob im Schreiner- oder im Elektrohandwerk, ob im Lebensmittelhandel, in den Arbeits- und Begegnungsstätten, in verschiedenen Außenarbeitsgruppen oder eben in einem der Cafés.

Das System ist, wie Lilith Fain betont, „durchlässig und bietet damit ein breites Spektrum für körperlich und geistig Behinderte ebenso wie für Menschen mit einer psychischen Erkrankung“. Man schaue, wo die Fähigkeiten der einzelnen Leute liegen und versuche dann, eine adäquate Betätigung für sie zu finden, ergänzt die studierte Sozialarbeiterin, die obendrein einen Abschluss als Filialmanagerin im Bäckerhandwerk hat.

Ricardo Simon etwa hat just von diesem Schauen und der besagten Durchlässigkeit profitiert: „Ich habe in der Schreinerei begonnen, dann aber schnell gemerkt, dass Handwerk nicht so mein Ding ist“, erinnert sich der 35-Jährige. Seit sieben Jahren nunmehr ist er im Café Sonne zugange und nennt dieses „mein zweites Zuhause“. Die Arbeit erfülle ihn, sei genau das, was er möchte, und habe ihm größeres Selbstbewusstsein gegeben.

Seine Leidenschaft teile er mit dem Rest des Sonne-Teams, „weil wir alle gerne mit und für Menschen arbeiten“, fügt Simon hinzu. Jede und jeder bringe sich ein, jede und jeder engagiere sich, jede und jeder packe mit an. Probleme gibt es aus seiner Sicht keine, was sein Kollege Balan bestätigt: „Die sind doch da, um sie zu lösen“, sagt er mit einem einnehmenden Lachen.

Ein dickes Lob haben die beiden Kommunikationstalente für ihre „oberste Chefin“ parat: „Lilith ist die treibende Kraft und hat dafür gesorgt, dass wir in Esslingen, aber auch in Plochingen und Kirchheim dazugehören und mit unseren neuen Angeboten noch stärker dazugehören werden“, finden Simon und Balan. Letzteres sieht die Gelobte ganz ähnlich: „Unser Weg geht immer mehr von der Inklusion zur Normalität“, erklärt Fain. (ap)