Foto: Horst Rudel
Das halb fertige Gartenhäuschen bei Esslingen-Wiflingshausen, das schon längst hätte abgerissen werden sollen, steht noch immer. Der Besitzer Seyit Mehmet Sümengen hat den Petitionsausschuss eingeschaltet. Nun steht ein öffentlicher Vor-Ort-Termin fest.
Seyit Mehmet Sümengen hat seit Kurzem einen wichtigen Termin in seinem Kalender stehen: Am Freitag, den 11. April, werden um 13 Uhr Landtagsabgeordnete sowie Vertreter der Stadtverwaltung, des Landkreises und des Regierungspräsidiums auf sein Stückle kommen, das an einem beliebten Spazierweg unterhalb von Esslingen-Wiflingshausen liegt. Sie werden sein Gartenhäuschen inspizieren, das längst hätte abgerissen werden sollen, und hören, warum er dazu nicht bereit ist. Der Vor-Ort-Termin des baden-württembergischen Petitionsausschusses ist öffentlich. Jeder kann kommen, wer Interesse hat.
Zur Erinnerung: Seyit Mehmet Sümengen hatte die Gartenhütte Schulkindern und Naturschützern zur Verfügung gestellt, er selbst sieht sich als eine Art Hausmeister. Bei einer Reparatur des Dachs kollabierte jedoch das Häuschen, weil der Dachfirst morsch war, woraufhin Sümengen es in abgespeckter Form wieder hochzog.
Formaljuristisch gilt die wiederaufgebaute Hütte, für die Sümengen keine Baugenehmigung besaß, jedoch nun als Schwarzbau. Sowohl die Stadt Esslingen als auch das Regierungspräsidium Stuttgart hatten daher verlangt, dass die Hütte abgerissen werden müsse. Ein Kompromiss, wie er in anderen Fällen häufig gefunden wird, sei es durch Zahlung einer Geldstrafe oder bauliche Zugeständnisse, wurde hier nicht in Betracht gezogen. Man wolle keinen Präzedenzfall schaffen, hieß es damals seitens der Behörden. Für Sümengen, der sein Versäumnis einräumt und bedauert, aber „nie einen Neubau beabsichtigt“ hat, wie er sagt, gab es daher nur noch einen Ausweg: Er wandte sich an den Petitionsausschuss des Landes, dessen Dienst jedem zur Verfügung steht, der sich von Landesbehörden ungerecht behandelt fühlt. Seither sind acht Monate vergangen, die es offenbar brauchte, bis die Stellungnahmen sämtlicher beteiligter Behörden vorlagen.
In aller Regel ist nur eine kleine Delegation des Petitionsausschusses bei einem Vor-Ort-Termin anwesend. Dieser dient auch dazu, alle betroffenen Parteien anzuhören, wobei der sogenannte Petent, in diesem Fall Sümengen, immer das erste Wort bekommt. Die Entscheidung über die Petition trifft danach der vom Ergebnis des Vor-Ort-Termins unterrichtete Petitionsausschuss in seiner nächsten Sitzung, und zwar nach dem Mehrheitsprinzip, wie der stellvertretende Ausschussvorsitzende und SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Kenner erklärt. Der Ausschuss kommt ein Mal im Monat zusammen.
Die Macht des Petitionsausschusses ist allerdings begrenzt. Er ist keine übergeordnete Stelle, welche die Entscheidung einer Behörde aufheben kann. Aber hält er eine Petition für gerechtfertigt, kann er einer Behörde empfehlen, eine Entscheidung zu überdenken. Diese ist zwar nicht verpflichtet, der Empfehlung zu folgen. Sie muss aber mit politischem Druck rechnen, wenn der Ausschuss die Landesregierung darauf aufmerksam macht.
„Seit ich weiß, dass der Petitionsausschuss sich meines Falls angenommen hat, bin ich wieder voller Hoffnung“, sagt Seyit Mehmet Sümengen. Seit Juni 2023, seit er die Bauarbeiten am Haus einstellen musste, verhängen schwarze Planen die noch offenen Stellen. Das hat die Tierwelt nicht abgehalten, sich das Häuschen zunutze zu machen, ganz im Sinne des Erschaffers. „Ein Amselpaar hat im vergangenen Jahr im Dachstuhl genistet“, erzählt Sümengen. Eidechsen sonnten sich regelmäßig auf dem Fundament des Häuschens. Und vielleicht sind inzwischen sogar Fledermäuse eingezogen. Im Inneren habe er ein paar Kästen für die scheuen Tiere angebracht und die Hütte seither nicht mehr betreten. (alm)