Foto: Roberto Bulgrin
Seit Jahren wird in Esslingen über ein Mobilitätsstation in Bahnhofsnähe diskutiert – nun ist die Idee Wirklichkeit geworden: Künftig stehen im Wohn- und Geschäftszentrum Qbus 370 Fahrrad-Stellplätze bereit. Verkehrsverbände sehen weiter Handlungsbedarf.
Experten sind sich einig: Wenn die Verkehrswende gelingen soll, muss der öffentliche Nahverkehr möglichst reibungslos und nutzerfreundlich organisiert werden. Damit Radler, die vom Esslinger Bahnhof aus mit dem Zug weiterfahren wollen, ihr Zweirad sorgenfrei und sicher abstellen können, wird in Esslingen seit vielen Jahren über eine Mobilitätsstation diskutiert. Doch der Weg zu deren Realisierung war lang und schwierig. Nun meldet die Stadt Vollzug: Künftig stehen im Wohn- und Geschäftszentrum Qbus an der Berliner Straße 370 zugangsgesicherte Stellplätze für Fahrräder, eine Ausleihstation für Fahrräder und eine Fahrradwerkstatt in einer Mobilitätsstation zur Verfügung. Eine digitale Zutrittsregelung wird rund um die Uhr den Zugang zur Mobilitätsstation ermöglichen.
„Stärkung der Radinfrastruktur“
„Die Eröffnung der Mobilitätsstation ist eine weitere Stärkung unserer Radinfrastruktur“, betonte OB Matthias Klopfer anlässlich der Eröffnung. „Damit erleichtern wir unseren Bürgerinnen und Bürgern den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel. Denn um bis zum Jahr 2040 Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir auch verstärkt auf nachhaltige Mobilität setzen.“ Und Udo Nitsche, Geschäftsführer der e-motion e-Bike Welt in Esslingen, die die Mobilitätsstation betreibt, erklärte: „Wir freuen uns sehr, in Zusammenarbeit mit der Stadt Esslingen in der Mobilitätsstation Radlerinnen und Radlern attraktive Angebote machen zu können. Wir werden diese dann sukzessive ausbauen.“ Bis Ende 2023 ist die Nutzung der Mobilitätsstation für alle Bürgerinnen und Bürger, danach mit einer polygoCard mit VVS-Abo oder Deutschlandticket kostenlos. Ansonsten können Stellplätze für einen Tag, eine Woche oder einen Monat gemietet werden.
Baubürgermeister Hans-Georg Sigel wertet die Mobilitätsstation im Qbus als Baustein zur Neugestaltung des alten Omnibusbahnhof-Geländes (ZOB) und zur Aufwertung der Berliner Straße. In den vergangenen Monaten hat die Stadt dort rund 1,4 Millionen Euro in den öffentlichen Raum rund um das neue Wohn- und Geschäftszentrum investiert. „Durch den Rückbau einer Fahrspur der Berliner Straße wurde dort Raum für Außengastronomie, barrierefreien Fußverkehr und Grünflächen geschaffen und das Zusammenspiel von Innen- und Weststadt gestärkt“, heißt es im Rathaus.
Das sagen die Verkehrsclubs
Bei künftigen Nutzern findet die Mobilitätsstation Beifall. Petra Schulz vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) freut sich, dass das neue Angebot „das sichere Abstellen von hochwertigen Fahrrädern am Bahnhof nun ermöglicht und dass dadurch die Verknüpfung von Rad und Bahn deutlich attraktiver wird“. Erfahrungen zeigten, dass sichere Abstellmöglichkeiten die Verlagerung von Fahrten vom Auto aufs Rad und den öffentlichen Nahverkehr förderten. Nun gelte es, das Angebot auszubauen: „Dazu empfehlen wir, mehrere hundert Fahrradbügel am Bahnhof zu ergänzen, da die vorhandenen aktuell schon überfüllt sind. Zu ergänzen wäre an der Südseite des Bahnhofs auch ein automatisches Fahrradparkhaus wie in Fellbach und Waiblingen.“ Dafür seien stattliche Zuschüsse zu erwarten. Optimierungsbedürftig findet der VCD allerdings die Anbindung der Mobilitätsstation an das Radnetz: Insbesondere in der Fleischmannstraße fühlten sich Radler und Fußgänger nicht sicher ob der Dominanz von Kraftfahrzeugen.
Thomas Albrecht vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) erhofft sich von der Mobilitätsstation Impulse für die Stärkung des Radverkehrs: „Wenn man ein teures Fahrrad sicher abstellen kann, ist das ein starkes Argument für den Umstieg auf die Bahn.“ Die Rampe, die von der Fleischmannstraße zur Mobilitätsstation in der ersten Etage des Qbus führt, findet Albrecht zu steil. Handlungsbedarf sieht er genau wie Petra Schulz weiterhin im Umfeld des Esslinger Bahnhofs. Gerade im Bereich des Bahnhofsplatzes wünscht sich der ADFC Markierungen, um mögliche Konflikte zwischen querenden Radlern und Fußgängern entgegenzuwirken. Und die Fleischmannstraße sei „geradezu prädestiniert, um Fahrradstraße zu werden“. Generell erhofft sich Thomas Albrecht von der neuen Mobilitätsstation auch eine Signalwirkung für eine weitere Verbesserung der Infrastruktur – etwa durch mehr Parkmöglichkeiten an den Bahnstationen in Mettingen und Oberesslingen. (adi)