Foto: Roberto Bulgrin
Auf den ersten Blick erscheinen Friedhöfe zeitlos, stets dem Kreislauf der Vergänglichkeit unterworfen. Doch auch die letzte Ruhestätte unterliegt Trends, die sich immer wieder ändern. In Esslingen hat man nun auf neue Anforderungen reagiert: Zum ersten Juni tritt eine überarbeitete Friedhofssatzung in Kraft, die neben höheren Gebühren auch überraschende Inhalte bereithält.
So soll es möglich sein, Haustierasche als Grabbeigabe im Grab der Besitzerin oder des Besitzers mit beizusetzen. Der Städte- und Gemeindetag arbeite gerade an einer Petition zur Änderung des Bestattungsgesetzes von Baden-Württemberg, in deren Entwurf dies befürwortet werde, berichtete Burkhard Nolte in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses. Der Leiter des Esslinger Grünflächenamtes betonte: „Dabei geht es nur um die Asche als Grabbeigabe, es wird keine Tierbestattung auf einem Humanfriedhof möglich sein.“ Die Asche von zu Lebzeiten verstorbenen Haustieren kann allerdings nicht vorab bestattet werden, sondern muss andernorts aufbewahrt werden, bis sie mit dem verstorbenen Besitzer zusammen bestattet werden kann.
Zudem gibt es neue Vorgaben für die Urnenbestattung. So müssen die Urnen künftig aus 100 Prozent biologisch abbaubaren Naturstoffen bestehen. Schließlich seien Friedhöfe ökologisch wertvolle Grünräume, die es zu schützen gelte, argumentiert die Stadtverwaltung Esslingen. Daher sollten Belastungen des Bodens, des Grundwassers sowie Beeinträchtigungen der Tier- und Pflanzenwelt möglichst gering gehalten werden. „Wir wollen nicht mehr diese Massen an Metall in unseren Böden“, erklärte Thomas Zink, der Leiter der Abteilung Friedhöfe und Bestattungen im Esslinger Grünflächenamt. Auf würdige und schmuckvolle Urnen müsse man dennoch nicht verzichten, betonte er. „Auch die biologisch abbaubaren Urnen haben einen gewissen Schmuck und stehen den herkömmlichen Urnen in nichts nach.“
Ebenfalls neu geregelt wird die Bestattung von Muslimen. In Esslingen stehen bereits seit dem Jahr 1967 entsprechend ausgerichtete Gräberfelder für muslimische Bestattungen zur Verfügung. Allerdings sei der Platz für neue derartige Gräber auf den Friedhöfen begrenzt, daher sollen die Gräberfelder bald nur noch ortsansässigen Muslimen zur Verfügung stehen, teilt die Stadtverwaltung mit. Für die Bestattung ortsfremder Muslime müsse auf andere Kommunen ausgewichen werden.
Ebenfalls untersagt sind künftig Grabmale, die unter Einsatz von Kinderarbeit produziert wurden. Es dürfen nur noch Grabsteine und Grabeinfassungen aufgestellt werden, die nachweislich ohne Einsatz von Kinderarbeit hergestellt worden sind. Außerdem gilt in Zukunft eine Bagatellgrenze für die Genehmigung von Grabmalen und sonstiger Grabausstattung: Für kleinere Vorhaben ist kein aufwendiges Genehmigungsverfahren mehr nötig. Bald erlaubt sein wird hingegen, Grabmalgenehmigungsanträge schon zu Lebzeiten einzureichen und genehmigen zu lassen.
Angesichts der zunehmend nachgefragten Bestattungsvorsorge soll den Bürgerinnen und Bürgern so ermöglicht werden, alle Grab- und Bestattungsangelegenheiten schon zu Lebzeiten verbindlich zu regeln.
Auch eine klarere Zuordnung der Bestattungsbezirke wird in der novellierten Friedhofssatzung festgeschrieben, zudem ist sie laut der Stadtverwaltung sprachlich überarbeitet und mit gendergerechten Formulierungen versehen worden. Die derzeit rechtskräftige Friedhofssatzung stammt aus dem Jahr 2011 und wurde im Jahr 2015 lediglich durch die rituelle Tuchbestattung und Änderungen im Zusammenhang mit der Gestaltung von Grabmalen und sonstiger Grabausstattung ergänzt. Unterdessen gelten die Friedhofsgebühren in der jetzigen Form seit 2018. Wegen Kostensteigerungen müssen sie der Stadtverwaltung zufolge fast durch die Bank erhöht werden – schließlich sei die Kommune verpflichtet, kostendeckende Gebühren anzusetzen.
Konkret bedeutet das, dass nahezu alle Friedhofsgebühren steigen – die meisten in einer Größenordnung zwischen etwa drei und 15 Prozent, einige aber auch stärker. Im Verwaltungsausschuss zeigten sich manche Stadträtinnen und Stadträte zwar unzufrieden damit, dass jeder einzelne Posten kostendeckend kalkuliert werden muss und es dadurch nun teils zu Kostensprüngen von 30 bis 50 Prozent kommt. Manch eine forderte eine häufigere Anpassung der Gebühren, um derart große Kostensteigerungen zu vermeiden. Letztlich stimmte das Gremium den Änderungen aber geschlossen zu. (meb)