Foto: Elke Hauptmann
Am 21. Januar starten die Vesperkirchen in Esslingen und Nürtingen, eine Woche später folgt Kirchheim. Die Organisatoren halten trotz hoher Kosten am symbolischen Preis von 1,50 Euro pro Mahlzeit fest. Sie stellen sich auf täglich mehrere hundert Gäste ein.
Weltweit werden Reiche immer reicher und die Armen immer ärmer. Das besagt eine aktuelle Studie der internationalen Entwicklungsorganisation Oxfam. „Das Ergebnis lässt sich nicht eins zu eins auf Esslingen übertragen, aber wir stellen fest: Auch bei uns gibt es viele Menschen, denen es wirtschaftlich schlecht geht“, sagt Bernd Weißenborn, der Dekan des evangelischen Kirchenbezirkes Esslingen. „Mit unserer Vesperkirche trotzen wir Armut, Ausgrenzung und sozialer Kälte.“
Vom Sonntag, 21. Januar, bis Sonntag, 4. Februar, jeweils zwischen 11.30 und 14.30 Uhr, heißt es im Neuen Blarer wieder „Gemeinsam an einem Tisch“. Neben einer reichhaltigen warmen Mahlzeit gibt es im Gemeindehaus am Blarerplatz Kaffee und Kuchen, der von Privatpersonen gebacken und gespendet wird. „Hier ist jeder und jede willkommen“, freut sich der Projektleiter der Esslinger Vesperkirche, Bernd Schwemm, auf zahlreiche Gäste – junge und alte, arme und wohlhabende, einsame und gesellige Menschen gleichermaßen. „Sie können bei Tischgesprächen Gemeinschaft erleben.“
Schwemm rechnet mit bis zu 200 Besuchern täglich, so viele Menüs – Suppe, Salat, Hauptspeise und Dessert – wird die Küche des Geriatrischen Zentrums Kennenburg ins Blarer liefern. Die Gästezahl sei aber kaum planbar, räumt Schwemm ein. Zum einen gebe es noch Ängste aus der Corona-Zeit. Zum anderen steige die Zahl der Bedürftigen. Schwemm verrät seinen „Plan B“: „Sollten wir überrannt werden und das Essen nicht ausreichen, dann bieten wir kurzerhand Maultaschen in der Brühe an.“
In der Frauenkirche nicht mehr zu stemmen
Zum zweiten Mal in ihrer 15-jährigen Geschichte öffnet die Esslinger Vesperkirche im Neuen Blarer. In der Frauenkirche, die ihr vor Corona zehn Jahre lang als Veranstaltungsort diente, sei die Atmosphäre zwar schöner gewesen, „aber wir können die Vesperkirche dort nicht mehr stemmen“, sagt Schwemm. Der personelle, logistische und finanzielle Aufwand sei einfach zu hoch. Selbst das „kleine Konzept“ mit einem Team von 300 Helfern schlage mit rund 45 000 Euro zu Buche. Dass die Kosten mit dem symbolischen Preis von 1,50 Euro pro Mahlzeit nicht annähernd gedeckt werden können, ist kein Geheimnis. „Das Essen müsste realistischerweise mindestens sieben Euro kosten“, erläutert Schwemm und fügt hinzu: „Wer mehr zahlen kann, darf gerne mehr bezahlen. Aber es gibt Menschen, für die sind selbst 1,50 Euro viel Geld.“ Die Initiatoren seien daher „dringend auf Spenden angewiesen“, bittet Dekan Weißenborn um Unterstützung.
Dass die Spendenbereitschaft sinkt, kann Evi Handke, die Leiterin der Vesperkirche Nürtingen, nicht feststellen: „Sie ist nach wie vor gut.“ Ohne freiwillige Zuwendungen aber geht es nicht. Auch die Organisatoren der Nürtinger Vesperkirche, die vom 21. Januar bis zum 11. Februar in der Lutherkirche öffnet, müssen mit spitzem Bleistift rechnen.
Ein paar Tage später, am Sonntag, 28. Januar, öffnet dann die dritte Vesperkirche im Landkreis Esslingen. Bis zum 11. Februar sind die Türen der Thomaskirche in Kirchheim täglich zwischen 11.30 und 14 Uhr für Besucher geöffnet, ein Team von 200 Freiwilligen sorgt für ein gelingendes Miteinander. „Der Gottesdienstraum wird zu einem warmen und gastlichen Ort, an dem sich Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihres Einkommens beim Mittagessen begegnen können“, sagt Diakon und Organisator Uli Häußermann. Auch in Kirchheim hält man am Obolus von 1,50 Euro pro Mahlzeit fest. (eh)
Die Esslinger Vesperkirche
Die Esslinger Vesperkirche im Neuen Blarer am Blarerplatz wird am Sonntag, 21. Januar, um 12 Uhr durch Dekan Bernd Weißenborn und Projektleiter Bernd Schwemm eröffnet, zum Abschluss am 4. Februar ist ebenfalls ein spezielles Ritual geplant. Am Donnerstag, 25. Januar, ist Künstler Helge Thun ab 19.30 Uhr zu Gast im Gemeindehaus. Bereits ab 18 Uhr besteht Gelegenheit zu Diskussionen rund um das Projekt „Ansprechbar für Demokratie“ des Kreisdiakonieverbands. eh