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Seite 3 Redaktion

Kleidung und Wäsche zeigen ihren wahren Wert

Foto: Roberto Bulgrin

Mit der Ausstellung „Garne, Stoffe, Waren“ macht das Stadtmuseum ein Stück Esslinger Textilgeschichte für alle Generationen erlebbar.

 

Die örtliche Textilindustrie zählte einst zu den Schrittmachern der Industrialisierung in Esslingen. Unternehmen wie die Württembergische Baumwollspinnerei und -weberei im Stadtteil Brühl oder Merkel & Kienlin mit ihrer Esslinger Wolle machten die frühere Reichsstadt zu einem bedeutenden Textilstandort. Doch das ist lange vorbei, und vielen ist heute gar nicht mehr geläufig, wie viel Kleidung und Wäsche direkt vor ihrer Haustür produziert worden war. Mit seiner Ausstellung „Garne, Stoffe, Waren“ blickt das Esslinger Stadtmuseum nicht nur zurück in die Vergangenheit – die Ausstellungsmacherinnen und -macher wollen auch den Wert des Textilen ins Bewusstsein rufen. In einer Zeit, in der Kleidung und Wäsche oft unter fragwürdigen Bedingungen in Übersee produziert werden, soll so auch daran erinnert werden, dass man von Nachhaltigkeit nicht nur reden, sondern auch danach leben sollte.
Für viele sind Textilien heutzutage oft nur noch Wegwerfwaren, die so rasant wie die Moden kommen und gehen. Was heute noch mit Stolz getragen wird, landet oft schon nach kurzer Zeit im Kleidersack. Die Zahlen sprechen für sich: Seit dem Jahr 2000 hat sich der Textilkonsum mit 100 Milliarden weltweit neu produzierten Kleidungsstücken mehr als verdoppelt – die Tendenz ist weiter steigend. Im Gegenzug werden allein in Deutschland jährlich mehr als eine Million Tonnen an Textilien entsorgt. Neben vielen interessanten  Reminiszenzen an die lokale und regionale Textilgeschichte sowie interessanten Einblicken in die Textilherstellung und -verarbeitung im Wandel der Zeit blendet die Ausstellung im Stadtmuseum auch diesen Aspekt nicht aus.
Wenn die Hose am Knie durchscheuert, eine Naht geplatzt oder ein Knopf abgegangen ist, wandern selbst Lieblingskleidungsstücke heutzutage  nur zu rasch auf den Müll. Früher war das anders: Selbst Feinstrümpfe galten als so wertvoll, dass Laufmaschen aufwendig repariert wurden – wie’s geht, kann man sich in der Ausstellung im Stadtmuseum anschauen. Doch in einer Zeit, in der Kleidung oft zum Dumpingpreis angeboten wird und Moden im Handumdrehen wechseln, finden es viele bequemer, sich einfach etwas Neues zu holen. Und wo es früher zum guten Ton gehört hatte, in jungen Jahren Nähen, Flicken, Stricken, Häkeln oder Stopfen zu lernen, fehlt es vielen heute schlicht am nötigen Know-how, um Zerschlissenes zu reparieren oder modisch Überholtem neuen Pfiff zu verleihen. Auch darauf gab die Ausstellung im Stadtmuseum eine Antwort: An einigen Sonntagen war Marion Jeiter zuletzt mit Näh­maschine und Handarbeitsutensilien im Stadtmuseum zu Gast, um in ihrem Reparaturcafé zu zeigen, wie kaputte Kleidungs­stücke wieder „tragetauglich“ gemacht werden können.
 Angebote wie diese gehören zum Konzept des Museumsteams, das Ausstellungen nicht nur zum Anschauen präsentiert, sondern auch zum Mitmachen einlädt. Und so soll es bis zum Ende der Ausstellung Anfang Juni weitergehen: Ein vielseitiges Rahmenprogramm für alle Generationen lädt dazu ein, sich dem Thema auf unterschiedliche Weise zu nähern. Zum Repertoire gehören Rundgänge an Sonntagen ebenso wie ein Besuch in der Esslinger Hoodie-Manufaktur Wasni, eine Gesprächsrunde über Nachhaltigkeit in der Mode(-industrie), eine Kleidertauschaktion oder  Ferienprogramme für Kinder, Schulführungen, Bastelnachmittage und Kindertheater. (adi)

Informationen zur Ausstellung  unter: www.museen.esslingen.de