Foto: Roberto Bulgrin
Das war Pech. Oder ein Riesenglück – je nach Sichtweise. Christoph Kässer, im Esslinger Tierpark Nymphaea für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, hatte eine Wunschvorstellung. Er weiß, dass die Ziegen im Park auf der Neckarinsel bei den Besuchern sehr gut ankommen. Darum wollte er für neue Gesichtspunkte unter der Tierschar sorgen: Er und seine Teamkollegen vom Trägerverein erweiterten die Gruppe um eine Mondschecke, eine Ziege mit einer besonderen Farbprägung durch runde, weiße Flecken. Doch kaum war der Neuling eingezogen, bekam eine Artgenossin Junge – und unter ihrem Nachwuchs war eine Mondschecke. Wie das genetisch zuging, kann sich Christoph Kässer nicht erklären. Aber er freut sich über die farbliche Aufwertung der Publikumslieblinge.
Denn von ihren anderen Favoriten mussten sich die Besucher verabschieden: Die Damhirsche sind nicht mehr da. Ein Großteil der Herde mit einem Bock, mehreren Weibchen und drei Jungtieren ist Mitte April in sein neues Zuhause im Wildpark bei Tripsdrill in der Nähe von Cleebronn umgezogen. Nur der Bock und ein Weibchen waren noch für eine kurze Übergangszeit im Tierpark geblieben.
Doch nun sind auch die letzten beiden Tiere nicht mehr im Park. Ihr Gehege muss ehrgeizigen Plänen weichen. Ein neues Aufzuchthaus soll auf dem Areal entstehen, und die Lastwagen für die Baumaßnahme müssen quer durch das ehemalige Damhirschgehege fahren. Was an Stelle des bisherigen Areals entsteht und ob die Damhirsche zurückkommen, wissen die Verantwortlichen laut Christoph Kässer noch nicht. Eines von mehreren Gedankenspielen sei, die Ziegen dorthin umzusiedeln. Doch das ist bislang Zukunftsmusik. In der Gegenwart aber kann eine neue Tierart im Park bestaunt werden. Sie ist klein, flink und originell. Streifengrasmäuse wuseln durch einen Käfig. Sie stammen laut Christoph Kässer aus Afrika, sind dort auf dem ganzen Kontinent verbreitet, lieben Savannen, Steppen, Grasländer oder Waldlichtungen. „Charakteristisch für diese Nagetiere sind ihre Zebrastreifen“, formuliert es Christoph Kässer und weist auf die langen, hellen Streifen in dem dunkelgrauen bis dunkelbraunen Fell hin.
Auch der tierische Wohnungsmarkt ist in Esslingen eng umkämpft, und die Mäuse haben es einem Leerstand zu verdanken, dass sie nun Publikumskontakt haben. Ihr Gehege wurde ursprünglich von Nattern bewohnt. Durch einen technischen Defekt aber gab es Probleme mit der Wärmeregelung in ihrem Terrarium. Darum mussten sie in ein anderen Refugium umziehen. Die Streifengrasmäuse wurden bisher hinter den Kulissen gehalten und kamen nun ins Rampenlicht.
Im Lichtkegel der Nymphaea-Verantwortlichen steht der Bau des neuen Aufzuchthauses. Das bisherige Gebäude aus Mitte der 1960er Jahre sei in die Jahre gekommen, sagt Christoph Kässer, es werde langsam marode und müsse ersetzt werden. Nach dem Abriss soll ein neues Gebäude mit vielen Extras wie einem überdachten Besucherbereich, einem Außengehege, Sitzgelegenheiten und Personalräumen entstehen. Die Planungen seien in vollem Gange und brächten die Köpfe der Verantwortlichen zum Rauchen. Nicht geraucht werden darf aber im Park, denn dort herrscht künftig ein Zigarettenverbot. Mit der Maßnahme solle die Gesundheit der anderen Besucher geschützt und das Müllaufkommen eingedämmt werden: „Neulich waren im Spendenkässchen 30 Zigarettenkippen.“
Den Ziegen ist das egal. Sie sind Nichtraucher – und mit den neuen farblichen Komponenten durch die Mondschecken und nach dem Auszug der Damhirsche dürften sie noch mehr in der Publikumsgunst steigen.