Foto: Roberto Bulgrin
Ein Schlüssel, wie sich die Türen der Erinnerung zu glücklichen Tagen öffnen lassen, ist altes Spielzeug. Etwa kleine Plastikfigürchen, mit denen man einst in der Fantasie wilde Abenteuer erlebt hat. Andreas Daniel ist passionierter Sammler und Action-Figur-Liebhaber, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat. „Die Kindheit gehört bei vielen zu den unbeschwerten Zeiten des Lebens. Dieses Gefühl wollen die Leute noch mal erleben“, sagt der 43-Jährige. Er sei in seiner Jugend vom Spielen zum Sammeln übergegangen. Seine Liebe zu den kleinen Männchen begann früh: „Meine erste Playmobilfigur haben wir bei Spielwaren Kurtz in Stuttgart gekauft. Es war eine Cowboy-Figur zum selbst Bemalen. Den Cowboy habe ich noch, aber er ist etwas ramponiert.“ Es kamen weitere Figuren hinzu. Irgendwann habe er aufgehört, die Verpackungen zu öffnen, oder habe die Figuren doppelt gekauft: eine zum Sammeln, eine zum Spielen. Er habe viel auf Flohmärkten gehandelt, bevor er sich 1999 mit dem Geschäft Strongvision in der Esslinger Innenstadt selbstständig gemacht hat.
Der weltweite Handel von Vintage-Spielzeug läuft: Inzwischen beschäftigt er neun Angestellte. Teilweise muss man schlucken, wenn man die Preise liest: Eine He-Man-Figur, ein muskulöser Held, der die Welt vor dem Bösewicht Skeletor beschützt, kostete in den 80ern unter 20 Mark: Wer heute ein originalverpacktes Exemplar kaufen möchte, zahlt einen dreistelligen Euro-Betrag – je nach Seltenheit und Zustand können ein oder zwei Nullen hinzukommen. Das sind Sammler bereit zu zahlen. „Diese Woche kommt ein Mann aus Lissabon eingeflogen, der eine He-Man-Figur für 2500 Euro abholt. Er will nicht, dass sie verschickt wird“, sagt Daniel. Die männerdominierte Szene sei 40-Plus, viele hätten jetzt das Geld, um sich Spielsachen zu kaufen, die sie sich früher nicht leisten konnten. „Oder Sachen, die sie nicht kaufen durften, weil es die Eltern verboten haben“, sagt Daniel.
Was ihm Bauchweh bereite, sei, dass manche Kunden nicht ehrlich mit ihren Familien über die Preise sprechen. In der Szene gebe es den Witz: „Ich hoffe, meine Frau verkauft meine Sammlung nach meinem Tod nicht zu dem Preis, den ich ihr genannt habe“. Das Verschleiern ist bei diesem Hobby leicht: Daniel hat das erste Set Star-Wars-Figuren im Angebot, das nach der Premiere des Films in den 70ern auf den Markt kam – vier Figürchen, um die sieben Zentimeter hoch. Man sieht ihnen ihr Alter an. Nicht weil sie schlecht erhalten wären, sondern wegen der Machart. Die Bemalung ist simpel und um die Figuren ist eine Kante von der Spritzgussform sichtbar. Kurzum: Sie sehen nach zehn Euro aus, kosten aber das Tausendfache.
Diese teuren Stücke fänden ihre Abnehmer hauptsächlich über den internationalen Markt. Der Online-Handel sei aber schwieriger, als man sich das vorstelle: „Jedes Teil ist ein Einzelstück und man benötigt ein eigenes Produktfoto. Die eine Figur hat eine Macke rechts oben, die andere links oben“, erklärt er. Auch der Einkauf habe seine Tücken. Vergangene Woche habe er eine Masters-of-the-Universe-Sammlung für 100 000 Euro gekauft. „Es gibt keine festen Margen. Manchmal kauft man nach Bauchgefühl.“ Auch dürfe man nicht auf Fälschungen hereinfallen. Einmal sei er ins Saarland gefahren, um eine Star-Wars-Sammlung zu erstehen, dabei habe er aber festgestellt, dass die Zubehörteile allesamt Reproduktionen waren.
Seine persönliche Sammlung möchte er vorerst nicht erweitern. Seine Exponate stehen in einem Kellerraum, hauptsächlich Figuren von Boba Fett aus Star Wars. Viele jüngere Kunden sammelten Pokémonkarten, mit denen sie groß geworden sind. Auch hier würden für bestimmte Karten schon astronomische Summen bezahlt. (ff)