Foto: Philipp Braitinger
Im Winter steht der Flugbetrieb beim Jägerhaus still. Beim Aero-Club Esslingen sind die Mitglieder dennoch geschäftig. Es steht die jährliche technische Prüfung der Flugzeuge an. Mit kritischem Blick leuchtet Rene Dank mit seiner Taschenlampe ins Innere der Tragfläche. „Man hat ein geschultes Auge, wo man hinsehen muss“, sagt der Prüfer. Immer wieder kann es beim Betrieb vorkommen, dass die Flugzeuge leiden. Vielleicht bildet sich ein kleiner Riss am Rumpf, vielleicht ist etwas mit den Reifen nicht in Ordnung oder der Steuerknüppel hat zu viel Spiel. „Es gibt auch mal härtere Landungen“, erklärt Rene Dank, woher der Verschleiß kommen kann. Die Flugzeuge werden neben der technischen Wartung durch die Vereinsmitglieder beim Aero-Club Esslingen jedes Jahr von einem externen und vom Landesluftfahrtverband beauftragten Experten geprüft. „Einmal komplett alles durchschauen“, sei sein Auftrag, sagt Rene Dank, der sich als ausgebildeter Leichtflugzeugbauer mit der Materie auskennt. Rund eine Stunde ist er am vergangenen Samstag mit jedem Flugzeug beschäftigt. Wenn die Maschinen abgenommen sind, steht dem Flugvergnügen nichts mehr im Wege. Sobald die Temperaturen steigen, können die 50 Pilotinnen und Piloten des Aeroclubs wieder in die Lüfte steigen. „Man braucht die Kraft der Sonne“, erklärt Michael Ultsch. Er ist der Pressereferent des Clubs und seit vielen Jahren begeisterter Pilot. Der Verein verfügt über sieben Segelflugzeuge. Darüber hinaus gibt es Mitglieder, die ein eigenes Flugzeug besitzen oder Eigentümergemeinschaften. Begonnen werden darf mit dem Fliegen schon in jungen Jahren. Ab einem Alter von 14 Jahren können die Flugschüler ihre Ausbildung beim Esslinger Club beginnen. Die Prüfung für den Pilotenschein kann frühestens mit 16 Jahren abgelegt werden. Zuvor muss aber einiges an Theorie gelernt werden. Die Themen sind unter anderem Wetterkunde, Flugzeugtechnik, Luftrecht und Navigation. Hinzu kommen viele Flugstunden mit einem Fluglehrer, bevor man allein fliegen darf. Etwa 70 bis 80 Starts und Landungen müssen zusammen mit einem Fluglehrer absolviert werden, bevor es ohne Begleitung in die Luft geht. Und selbst dann bleiben die Flugschüler in ständiger Funkverbindung mit dem Ausbilder. Schritt für Schritt erfolgt der Weg zum eigenen Flugschein. Denn sind die Piloten erst einmal allein in der Luft, müssen sie ohne Hilfe zurechtkommen. „Man kann nicht wie beim Auto rechts ranfahren und auf Hilfe warten“, stellt Ultsch klar. Für den Start gibt es entweder eine Seilwinde oder ein Motorflugzeug. Wer weitere Strecken fliegen möchte, braucht entweder den Start mit dem Motorflugzeug oder rasch nach dem Start eine gute Thermik, die das Flugzeug an Höhe gewinnen lässt. Während die Seilwinde, die auf einem Lastwagen montiert ist, für einen Anschub bis in 250 bis 300 Meter Höhe reicht, kann das Motorflugzeug die motorlosen Piloten so weit nach oben ziehen, wie sie möchten. Für das Fliegen starten die Piloten vom 800 Meter langen Flugfeld beim Jägerhaus in Richtung Osten oder Westen – je nachdem, wo der Wind herkommt. Nach dem Start wird aber rasch nach Norden gesteuert. Denn im Süden kommt man schnell den großen Passagier- oder Frachtflugzeugen des Stuttgarter Flughafens in die Quere. „Wir brauchen immer die Genehmigung der Flugsicherung“, erklärt der zweite Vorsitzende des Aero-Clubs, Frank Güntert. Koordiniert wird per Funk. Eine Leitstelle beim Hangar in Esslingen steht in Kontakt mit der Stuttgarter Flugsicherung und gibt die Informationen an die Piloten des Vereins weiter. Eine Herausforderung des Segelfliegens ist es, große Strecken zurückzulegen. Erfahrene Piloten schaffen mehr als 900 Kilometer bei einem Flug, erklärt Güntert. Ganz so weit geht es freilich nicht immer. „Aber ein paar hundert Kilometer sind bei gutem Wetter ganz normal“, sagt er. Oft wird Richtung Ostalb und Schwäbische Alb geflogen. Warum? Auf der Schwäbischen Alb gibt es eine gute Thermik und diese ist notwendig, um die Segelflugzeuge in die Höhe zu treiben. Die gute Thermik ist einerseits der Topografie geschuldet. Darüber hinaus ist der Boden auf der Schwäbischen Alb oft trocken. Dadurch erwärmt er sich schnell, wodurch aufsteigende Luft entsteht. Erfahrene Piloten können immer wieder auf mehr als 2000 Meter Höhe steigen, um anschließend mit einer Geschwindigkeit von bis zu 280 Stundenkilometern über weite Strecken zu gleiten. „Man muss kämpfen, um in der Luft zu bleiben, es ist auch eine mentale Herausforderung“, erklärt Ultsch die Faszination des Segelfliegens. Höher als 3000 Meter sollte es für die Segelflieger aber nicht nach oben gehen. Der höher gelegene Luftraum ist größeren Maschinen vorbehalten. Neben der technischen Ertüchtigung der Flugzeuge wird im Winter auch die große Seilwinde im Untergeschoss des Hangars gewartet. Überprüft und neu gepackt werden außerdem die Fallschirme, die die Segelflugpiloten tragen. Denn im Gegensatz zu den großen Passagierflugzeugen kann sich ein Pilot im Segelflugzeug, aufgrund der vergleichsweise geringen Flughöhe und -geschwindigkeit, vor einem Absturz mit einem Sprung aus dem Cockpit retten. Teil der Pilotenausbildung ist dieses Manöver aber nicht. Der Fallschirm öffnet im Ernstfall beim Sprung automatisch. Die Mitgliedschaft für Erwachsene kostet im Esslinger Aero-Club knapp 200 Euro pro Jahr. Für Neumitglieder kommt eine einmalige Aufnahmegebühr von 220 Euro hinzu. Es gibt aber auch die Schnuppermitgliedschaft für 299 Euro. Die jährliche Flugberechtigungsgebühr beträgt 588 Euro. Sie kann allerdings auch in Form von 100 Arbeitsstunden für den Verein erbracht werden. Für Jugendliche gibt es günstigere Konditionen. Für das Fliegen fallen weitere, zeitabhängige Gebühren an.