Foto: Roberto Bulgrin
„Wir lieben die Stadt, kennen ihre Eigenheiten und Geschichten, setzen uns mit den Menschen, die hier leben, auseinander und wagen frische Kultur.“ Mit diesem Anspruch sind die Macherinnen und Macher des Kunstdruck Central Theaters vor fünf Jahren angetreten, am Esslinger Rossmarkt eine gute Adresse für freies und inklusives Sprechtheater zu etablieren. Mehr als 400 Vorstellungen später sind der Intendant Philipp Falser und seine Mitstreiter eine feste Größe in der Esslinger Kulturlandschaft geworden. Diesen Weg wollen das Kunstdruck Central Theater und der Verein Schauspiel Kunstdruck, aus dem das Projekt hervorgegangen ist, weitergehen. Nun wurde im einstigen Lichtspielhaus am Rossmarkt Jubiläum gefeiert. Schauspiel Kunstdruck war vor zehn Jahren als freies Theaterensemble ohne feste Spielstätte, aber mit lokaler Bodenhaftung, in Esslingen an den Start gegangen. Gleich die erste Produktion „Jetzt aber schnell“ fand viel Beifall. In den Anfangsjahren nach seiner Gründung zog das Ensemble als Tourneetheater durch die Lande. Seither sind 34 Eigenproduktionen entstanden, und viele von denen, die damals auf der Bühne standen, sind inzwischen Profischauspieler geworden.
Nach fünf Jahren waren Philipp Falser und seine Co-Intendantin Julia Rohn 2018 den nächsten Schritt gegangen und hatten dem traditionsreichen Central Theater neues Leben eingehaucht. Wie facettenreich das künstlerische Profil inzwischen ist, zeigte sich beim Geburtstagsfest am Wochenende, wo die Centralisten ihrem Publikum neben der Kunstdruck-Hymne Appetithäppchen aus Produktionen servierten.
Wenn Philipp Falser die vergangenen fünf Jahre Revue passieren lässt, kann er zufrieden feststellen: „Seither ist einiges passiert, und wir sind froh und stolz auf das, was wir umsetzen konnten.“ Mit etwa 50 Vorstellungen jährlich – Eigenproduktionen ebenso wie Gastspiele – war man vor fünf Jahren an den Start gegangen, inzwischen peilt man jährlich etwa 110 bis 120 Termine an. Und was Falser noch wichtiger ist: „Wir zeigen mit unserer Arbeit, dass es junge Kunst und Kultur in Esslingen gibt.“ Das Konzept des Hauses ist klar. „Wir wollen eine Art von Theater ermöglichen, die es sonst in Deutschland nur selten gibt“, erklärt der Intendant. „Meist besteht im Theaterbetrieb eine klare Trennung zwischen Profis mit Schauspielausbildung und Amateuren. Uns ist es egal, welche Ausbildung jemand mitbringt. Für uns zählt die Begabung, die wir gerne fördern.“ Das Kunstdruck Central Theater versteht sich als junges kulturelles Zentrum – wobei Jungsein für Falser keine Altersfrage ist: „Wir sind offen für Menschen, die Neues wagen wollen. In unseren Augen sind auch die noch ganz jung.“
Die Spielpläne zeigen ein klares Profil: Klassiker finden im Programm ebenso wenig Platz wie Stücke aus dem Abiturlehrplan. „Wir inszenieren Stücke, die aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen thematisieren“, erklärt Falser. „Und wir wollen uns mit der Stadt und ihren Menschen auseinandersetzen – gerne auch satirisch. Wir bespielen die Stadt, wir experimentieren und wollen auch mal etwas wagen und neue Formate entwickeln.“ Dass das Kunstdruck Central Theater intensiv auf eigene Produktionen setzt, empfindet der Intendant als „Stärke und Bereicherung für die Stadt“. Der inklusive Gedanke werde nun etwas weiter gefasst – Teilhabe heißt die Devise: „Wir wollen generell Menschen erreichen, die in der Kultur oft außen vor bleiben“, erklärt Philipp Falser. Daran soll sich auch nichts ändern, nachdem Julia Rohn zum Jahresende ihre Intendanz niedergelegt hat, um sich neuen Herausforderungen zu widmen. „Keiner von uns kann von seiner Arbeit im Central leben“, verrät Falser. Als ehrenamtliche Beauftragte für kulturelle Bildung und Teilhabe wird Julia Rohn dem Team erhalten bleiben. Neben der intensiven Arbeit an Eigenproduktionen bietet das Kunstdruck Central Theater eine Bühne für Gastspiele. „Wir sind offen für Gruppen, die auf hohem Niveau arbeiten. Denn wir wissen aus früherer Erfahrung, wie schwierig es ist, wenn man kein festes Haus hat. Entsprechend groß ist die Nachfrage an Probe- und Aufführungsmöglichkeiten.“
Für die Zukunft hat sich das Team vorgenommen, nicht nur eine feste Größe in der Stadtkultur zu bleiben, sondern mehr denn je als wichtiger Teil der ganzen Stadtgesellschaft wahrgenommen zu werden. Kooperationen mit Schulen sollen ausgeweitet werden, junge Menschen sollen nicht nur als Zuschauer, sondern auch als Mitwirkende gewonnen werden. Um langfristig weiterarbeiten zu können, wünschen sich Philipp Falser und seine Mitstreiter „Kontinuität in der städtischen Förderung“. Bislang ist der städtische Zuschuss bis Ende 2025 datiert.