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Seite 3 Redaktion

Kommt eine Flaniermeile an der Berliner Straße?

Foto: Roberto Bulgrin

Die Stadt Esslingen würde den Bereich vor dem neu entstehenden Wohn- und Bürokomplex QBus in der Berliner Straße gern aufwerten. Ihr schwebt ein großzügiger Außenbereich mit viel Grün vor. Doch es gilt noch einiges zu klären. Mit der Aufenthaltsqualität in der Berliner Straße ist es bislang nicht weit her. Das will die Stadt nun ändern – zumindest, was den Abschnitt zwischen Fleischmannstraße und Martinstraße angeht. Dort entsteht auf dem Gelände des alten ZOB derzeit der Wohn- und Bürokomplex QBus. Die laufenden Bauarbeiten will die Stadt jetzt nutzen, um im gleichen Zuge die Berliner Straße umzugestalten. Im Gemeinderat wird das zwar prinzipiell begrüßt, doch kommt den Stadträten die Idee etwas zu plötzlich. Sie wollen erst später eine Entscheidung fällen – denn aus ihrer Sicht gibt es noch zig offene Fragen. Bei der anvisierten Aufwertung der Berliner Straße sollen vor allem die Flächen für Fußgänger, Außengastronomie und Grün vergrößert werden, um für mehr Aufenthaltsqualität und Verkehrssicherheit für Passanten zu sorgen. Das will die Stadt erreichen, indem sie die Zahl der Fahrspuren auf der Berliner Straße von drei auf künftig nur noch zwei Spuren reduziert. Der dadurch gewonnene Platz soll als Freifläche vor dem QBus angelegt werden. Hier soll Außengastronomie ermöglicht werden. Zudem will man insgesamt elf neue Bäume pflanzen. Sechs davon sollen so angelegt werden, dass eine Nutzung bis nah an den Stamm heran möglich ist, die anderen fünf sollen auf üppigen Grünflächen platziert werden, die regelmäßig gepflegt werden sollen. Für Radfahrer will die Stadt an der Kreuzung der Berliner- mit der Martinstraße eine separate Abbiegespur in Richtung Martinstraße schaffen. Unterdessen soll die derzeitige Lieferzone für „Das ES“, die sich aktuell direkt vor dem Einkaufszentrum befindet, in eine separate Bucht auf die gegenüberliegende Seite vor den QBus wechseln, wo auch die sechs Taxi-Stellplätze vorgesehen sind. Das Projekt ist mit Kosten von gut einer Million Euro kalkuliert – etwa 150 000 Euro mehr als die ursprünglich an dieser Stelle vorgesehene Planung. Bei Letzterer wäre die Fahrbahn in ihrer bisherigen Breite bestehen geblieben. Dadurch wäre vor dem QBus nur ein recht schmaler Gehweg möglich gewesen, mit wenig Platz für Passanten und Außengastronomie. Die kleinkronigen Bäume hätten eng an der Fassade platziert werden müssen und so aus Sicht der Stadt wenig zur Aufenthaltsqualität beitragen können. Die jetzt vorgeschlagene Aufwertung der Berliner Straße könnte als Vorgriff auf eine langfristig anvisierte Umgestaltung des Altstadtrings gewertet werden. Die Stadtverwaltung strebt einen erweiterten Ring an, der von der Augustinerstraße nicht mehr über die Berliner Straße in die Eugenie-von-Soden- und die Neckarstraße führt, sondern stattdessen über Mettinger- und Schlachthausstraße. Damit will man die Weststadt enger mit der Kernstadt verzahnen. Im jüngsten Mobilitätsausschuss drängte die Stadtverwaltung zu einer schnellen Entscheidung. Schließlich müsse die Umgestaltung mit der Fertigstellung des Qbus erledigt sein, die für Anfang 2023 anvisiert ist. Die Idee an sich, die Berliner Straße für Fußgänger aufzuwerten, kam in dem Gremium gut an. Allerdings zeigten sich die Räte noch nicht vollends überzeugt von den Vorschlägen der Stadt. Vor allem die geplante Radverkehrsführung wurde als völlig unzureichend sowie die Position der Lieferzone als unpraktisch gegeißelt. „Wir begrüßen die Idee sehr, aber für uns geht das trotzdem zu schnell“, brachte Jürgen Menzel (Grüne) die Haltung im Gremium auf den Punkt. Ihm fehlte insbesondere eine gute Radverbindung. „Uns ist das zu wenig“, kritisierte er. „Eigentlich müsste die Verwaltung die Vorlage wieder mitnehmen und neu planen.“ Ganz so rigoros zeigten sich die anderen Fraktionen nicht. Gleichwohl kritisierte etwa Hermann Falch (Freie Wähler): „Der Radweg beginnt im Nirgendwo und endet im Nirgendwo, das überzeugt uns nicht.“ Auch mit dem Verzicht auf den Rechtsabbieger für Autos in die Martinstraße könne sich seine Fraktion nur schwerlich anfreunden. Unterdessen wollte Heidi Bär (SPD) wissen, ob die Umgestaltung schon eine Vorentscheidung für eine spätere Ausweisung der Berliner Straße als Einbahnstraße sei und welche Auswirkungen auf die Mettinger Straße zu erwarten seien. Sie wünschte sich zudem mehr Kurzzeitparkplätze für Bahnfahrer vor dem Qbus. Sven Kobbelt (FDP) sagte mit Blick auf die langfristig anvisierte Umgestaltung des Altstadtrings: „Wir sehen die Chance, dort jetzt etwas zu machen – dennoch ist das eigentlich der fünfte vor dem ersten Schritt.“ Das monierte auch CDU-Fraktionschef Tim Hauser: „Mich stört, dass wir uns eventuell vorfestlegen oder doppelt planen.“ Während Tobias Hardt, Linke-Fraktionschef, die Radverkehrsführung für „nicht durchdacht“ erklärte, befanden andere die Lieferzone für „Das ES“ gegenüber für problematisch. Zudem kam die Frage auf, ob die Taxi-Parkplätze wirklich sein müssten und ob es ein Sozialkonzept gebe. Die Stadt will ihre Vorlage nun überarbeiten und in einigen Wochen neu präsentieren. Schon lange wird über eine Umgestaltung des Altstadtrings diskutiert, der als nicht mehr zeitgemäß gilt. Angedacht sind unter anderem eine Einbahnstraßenregelung, ein Zwei-Richtungs-Radweg auf der Kiesstraße sowie eine Erweiterung des Rings nach Westen über Mettinger Straße und Schlachthausstraße. Letztere könnte eine Verkehrsberuhigung der Berliner Straße möglich machen.