Foto: Roberto Bulgrin
Schon lange wird über eine Umgestaltung der Esslinger Ringstraße diskutiert. Eigentlich sollte die jüngste Gemeinderatsklausur Zug in die Sache bringen – doch bislang ist weiter unklar, wie es mit den angedachten Radspuren oder dem möglichen Einbahnsystem weitergehen soll. Viel Platz für Autos, wenig für Radfahrende und Fußgänger: In seiner jetzigen Form ist der Altstadtring für viele nicht mehr zeitgemäß. Schon lange wird deshalb über mögliche Umgestaltungen diskutiert, insbesondere über eine sichere Führung des Radverkehrs in der Kiesstraße. Eine Klausurtagung des Gemeinderats Ende März sollte eigentlich Schwung in die Sache bringen – doch bislang ist davon nichts zu spüren. Gemeinderat und Verwaltung hüllen sich dazu in Schweigen.So richtig geliebt wurde der in den 1960-er und 1970-er Jahren entstandene Altstadtring noch nie. Schließlich bringt er viel Verkehr, Lärm und dicke Luft und wirkt wie eine schwer überwindbare Schneise mitten in der City. Mit dem Klimawandel und dem immer lauter werdenden Ruf nach einer Verkehrswende verschärft sich der Unmut. Vermisst wird vor allem auch eine sichere Verbindung für Radfahrer von der Fahrradstraße Hindenburgstraße bis zum Bahnhof. Als mögliche Lösung wurden sogenannte Umweltspuren für Radler und Busse angedacht, dann aber als nicht zielführend verworfen. Stattdessen regte die Stadt die Einrichtung eines Zwei-Richtungs-Radwegs auf der rechten Fahrspur stadteinwärts an. Eigentlich sollte der Gemeinderat im Herbst darüber beraten – ebenso wie über eine umfassende Umgestaltung des gesamten Altstadtrings mit einem Einbahnstraßensystem als zentralem Element. Doch für beide Themen forderte ein Großteil der Stadträte mehr Zeit zur intensiven Beratung. Man kam überein, die Klausurtagung dafür zu nutzen. Diese Klausur fand am letzten März-Wochenende statt. Doch ob es tatsächlich intensive Debatten über mögliche Lösungen für die Verkehrsprobleme auf dem Altstadtring gab, bleibt im Dunkeln. Weder die Stadtverwaltung noch die Fraktionen wollen sich dazu äußern. Die Klausur sei nichtöffentlich gewesen und man habe sich auf Vertraulichkeit verständigt, heißt es von allen Seiten. „Es ist richtig, dass ein Teil der Gemeinderatsklausur den Themenschwerpunkt Mobilität beinhaltete“, teilt die Stadtverwaltung lediglich mit. Teilweise sei auch über die Themen Kiesstraße und Altstadtring diskutiert worden. Es seien aber keine Entscheidungen getroffen worden. Man beabsichtige, noch vor der Sommerpause im Gemeinderat über Kiesstraße und Altstadtring zu beraten und gegebenenfalls weitere Beschlüsse zu fassen, heißt es aus dem Rathaus. Auch auf die Anfrage unserer Zeitung, wie sie sich denn inzwischen generell inhaltlich zur Zukunft von Kiesstraße und Altstadtring positionieren, haben sich einige Fraktionen bis Redaktionsschluss nicht geäußert. Lediglich CDU, FDP und Linke geben eine Stellungnahme ab. „Völlig unabhängig von der Klausurtagung brauchen wir ein Mobilitätskonzept aus einem Guss“, betont der CDU-Fraktionsvorsitzende Tim Hauser. Damit ein solches Hand und Fuß habe, müssten Zahlen zu den Quell- und Zielverkehren in Esslingen berücksichtigt werden. Für seine Fraktion seien die ursprünglich vorgeschlagenen Umweltspuren nach wie vor „kein gangbarer Weg“, so Hauser – ebenso wenig wie ein Einbahnverkehr für Autos oder der als Alternative zu den Umweltspuren vorgeschlagene Zwei-Richtungs-Radweg. „Damit wird der Bus in den Stau verbannt und muss sich mit den Autos in eine Spur quetschen“, kritisiert Hauser. Zumal unklar sei, wie die Busse bei dieser Lösung die Haltestellen anfahren sollten. Für die CDU sei bislang keine überzeugende Variante dabei – daran habe die Klausurtagung nichts geändert. „Auf der Klausur ist nichts besprochen worden, was nicht schon bekannt war“, so Hauser. Es habe keine vertieften Erkenntnisse oder bahnbrechenden Neuerungen gegeben. Während die FDP betont, an ihren Ansichten zu Altstadtring und Kiesstraße habe sich nichts geändert und man fordere nach wie vor ebenfalls ein Mobilitätskonzept aus einem Guss, moniert Tobias Hardt, Fraktionschef der Linken, dass die Kiesstraße kein Thema auf der Klausur gewesen sei. „Wir haben uns über die Verschiebung des Themas Radspur auf der Kiesstraße maßlos geärgert“, so Hardt. Denn seine Fraktion halte eine Lösung für den Radverkehr auf der Kiesstraße für die dringendste Aufgabe, was die Neuerungen auf dem Altstadtring angehe. Esslingens erfolgreiche Fahrradstraße ende abrupt am Altstadtring – und auf die anschließenden Schutzstreifen auf der Kiesstraße wagten sich „nur wenige unerschrockene Radfahrende“. Viele Radler fühlten sich hier vom Autoverkehr bedrängt und gefährdet. Als Konsequenz führen die Leute im Zweifelsfall doch lieber mit dem Auto – oder aber mit dem Rad durch die Küferstraße. So diene die Fußgängerzone hier inzwischen dem Raddurchgangsverkehr, was wiederum die Fußgänger behindere. Ein Zustand, den es schnellstmöglich zu beheben gelte – nicht zuletzt in Anbetracht der notwendigen Verkehrswende angesichts des Klimawandels. Im Sommer 2020 hatte die Stadt sogenannte Umweltspuren auf dem östlichen Altstadtring zur Diskussion gestellt. Dafür sollte pro Fahrtrichtung je eine der zwei Spuren in Entengraben- und Kiesstraße zwischen Hindenburgstraße und Maille-Kreuzung für Busse und Radler reserviert werden. Doch vor allem CDU, Freie Wähler und FDP sahen das Vorhaben kritisch. Das Thema wurde zunächst vertagt, die Einführung dann verschoben – und letztlich ganz abgeblasen, weil wohl lange Staus die Folge gewesen wären. Stattdessen kam ein Zwei-Richtungs-Radweg aufs Tapet. Um auf dem Altstadtring Platz für Rad- und Fußverkehr zu schaffen, hat die Stadt ein Einbahnstraßensystem ins Spiel gebracht. Dabei bräuchte der Autoverkehr bei gleicher Leistungsfähigkeit weniger Fläche, so das Kalkül.