Foto: Roberto Bulgrin
Es ist eine geradezu unendliche Geschichte. Immer wieder hat die Stadtverwaltung in den vergangenen Monaten beteuert, wirksame Änderungen auf den Weg gebracht zu haben, die für schnellere Abläufe im Bürgeramt sorgen würden. Dennoch müssen die Bürgerinnen und Bürger nach wie vor wochen- oder sogar monatelang auf einen Termin warten. Angesichts der nahenden Reisezeit, für die vermutlich viele noch neue Ausweispapiere beantragen müssen, ist mit einer raschen Entspannung wohl nicht zu rechnen. Zumal der Bürgerservice immer noch eine Bugwelle unbearbeiteter Anfragen vor sich herschiebt.
Eine Statistik aus dem für das Bürgeramt zuständigen Ordnungsamt zeigt zudem, dass man längst noch nicht bei der Schlagzahl von vor Corona angekommen ist. So wurden im Jahr 2019 meist um die 4000 Anträge pro Monat bearbeitet, manchmal mehr als 4500 oder sogar 4600. Seit Beginn der Pandemie sind es oft nur noch knapp 3000 bearbeitete Anträge, in manchen Monaten nicht einmal 2000. Und das, obwohl die Stadt betont, alles getan zu haben, um im Bürgeramt wieder auf Volllast fahren zu können.
Ordnungsamtsleiter Jochen Schilling zeigt sich selbst unzufrieden mit der Situation. „Ich weiß nicht, warum wir noch nicht bei der Höchstleistung sind“, sagte er in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses. Schließlich nutze man alle vorhandenen Kapazitäten und habe alle Prozesse möglichst effizient organisiert. In den vergangenen Monaten seien zahlreiche Maßnahmen umgesetzt worden, die eigentlich zu spürbaren Verbesserungen führen sollten. Doch bei einem internen Praxistest, bei dem seit Anfang des Jahres jeden Donnerstag überprüft wurde, wie viel Wartezeit für bestimmte Leistungen anfällt, hätten sich kaum Veränderungen gezeigt. So betrug die Wartezeit für eine Anmeldung in Esslingen Anfang Januar 115 Tage (ohne Sonn- und Feiertage) und damit fast fünf Monate. Am 10. März waren es sogar 118 Tage. Ähnlich sieht es bei Anträgen für einen Reisepass oder Personalausweis aus. Lediglich auf einen Termin für den Antrag auf ein Führungszeugnis musste man zuletzt deutlich weniger lang warten: nur noch einen Tag statt rund drei Monate.
Das dürfte allerdings wohl darauf zurückzuführen sein, dass die Stadt den Anträgen auf Führungszeugnisse jetzt Priorität eingeräumt hat. Zudem schaltet man pro Woche rund 140 Notfalltermine frei für dringende Anliegen. „Wir können jedem, der das braucht und begründet, einen früheren Termin anbieten“, so Schilling. Darüber hinaus öffne man inzwischen zwei weitere Schalter mit bis zu 120 zusätzlichen Terminen pro Woche, zudem seien am Samstag jetzt vier statt bislang zu zwei Schalter geöffnet. Angesichts der sich abzeichnenden Fernreisewelle wurde ein separater Schalter für die Beantragung von Ausweispapieren eingerichtet, außerdem ein extra Schalter zum Abholen derselben. Man habe die im System hinterlegte Bearbeitungszeit reduziert und die Schalterzeit der Mitarbeiter von 50 auf 64 Prozent erhöht, um noch mehr Termine anzubieten, berichtet Schilling. Doch bislang fruchtet das nicht wie gewünscht. Zumal das Onlinesystem zur Terminbuchung seine Tücken hat: Die durchaus nicht seltenen Mehrfachbuchungen müssen nach Rücksprache mit dem jeweiligen Kunden manuell gelöscht werden – ein Zeitfresser.
Die immer noch andauernden Probleme sorgten im Verwaltungsausschuss für große Unzufriedenheit – auch wenn man sich einig war, dass es langsam in die richtige Richtung gehe. „Es heißt, das Personal sei da, die IT sei so gut wie nie, die Prozesse passten: Woran hakt es dann?“, fragte etwa Annette Silberhorn-Hemminger, Fraktionschefin der Freien Wähler, und bat um Nachforschung. Und CDU-Rat Tim Hauser betonte: „Hier muss man besser werden. Punkt.“ Schließlich sei das Bürgeramt das Gesicht der Stadtverwaltung. Ordnungsdezernent Yalcin Bayraktar sah das zwar ähnlich, gab aber zu bedenken: „Wir sind erst seit Januar so aufgestellt wie jetzt, das muss erst noch wirken.“