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Weitere Runde im Zoff um Digitalisierung

Foto: Foto Roberto Bulgrin

Vergessen ist der Zoff um den Stand der Digitalisierung in Esslingen offensichtlich noch nicht.  Im Verwaltungsausschuss am Montagabend schlugen die Wogen bei dem Thema noch einmal hoch.  Während die Stadtverwaltung mit einer detaillierten Präsentation darlegte, dass Esslingen im landesweiten Vergleich sehr wohl weit vorne stehe, stellte CDU-Chef Tim Hauser vor allem die Defizite bei der digitalen Entwicklung der Stadt heraus.  Die von der SPD geforderte Entschuldigung kam Hauser hingegen nicht über die Lippen.

Vor wenigen Wochen hatte die CDU Zahlen aus dem Innenministerium präsentiert, die zeigen sollten, dass Esslingen bei seinen Digitalisierungsbemühungen doch nicht so weit vorne steht wie behauptet. Damit reagierte die CDU auf eine Aussage von Bürgermeister Ingo Rust vom November des vergangenen Jahres. Damals hatte Rust, dem die Stabsstelle Digitalisierung untersteht, behauptet, dass Esslingen das Land beim Thema Digitalisierung von Verwaltungsanträgen vor sich her treibe. 

Doch die Zahlen aus dem Innenministerium erwiesen sich laut Rust bei genauerem Hinsehen als wenig belastbar. Denn nur bei oberflächlicher Betrachtung sehe es so aus, als ob Esslingen digital hinterher hinke, erklärte er.   Mit einer detaillierten Präsentation zeigte er am Montagabend, welche Zahlen vom Innenministerium offenbar falsch interpretiert worden seien.  So habe man offensichtlich gleich die erste Zahl der Leistungen, die bei der jeweiligen Kommune auf dem Online-Serviceportal des Landes angezeigt wird, als Zahl der digitalen Dienstleistungen gedeutet.   Einige zusätzliche Klicks auf der Seite aber zeigten, dass das nicht korrekt sei – zumindest nicht, wenn man echte digitale Dienstleistungen zählen wolle. Als solche seien nur Anträge zu werten, die komplett online gestellt werden könnten und genau auf das jeweilige Anliegen zugeschnitten seien. 

Davon biete Esslingen aktuell 48 an – und damit ähnlich viele wie etwa Kirchheim. Von den 124 digitalen Dienstleistungen, die das Innenministerium für Neuhausen gemeldet hatte, hätten sich bei genauerem Hinsehen die meisten als nicht wirklich digital oder sogar fehlerhaft herausgestellt – ähnlich bei vielen anderen Kommunen. „Und schwuppdiwupp ist Esslingen wieder auf Platz eins“, so Rust.  „Wenn wir richtig zählen, sehen wir, dass Esslingen die höchste Anzahl an echten Online-Formularen hat.“ Es sei ihm wichtig, noch einmal explizit klarzustellen, dass er und sein Team eben nicht die Unwahrheit über den Stand der digitalen Entwicklung Esslingens gesagt hätten, betonte Rust. Denn das werfe ein falsches Licht auf seine Mitarbeiter, die hervorragende Arbeit leisteten.

Tim Hauser, CDU-Fraktionschef, betonte daraufhin: „Der CDU geht es nicht darum, einzelne Mitarbeiter in Misskredit zu bringen.“ Offensichtlich habe der Mitarbeiter des Innenministeriums, der die Vergleichszahlen geliefert hatte, die Zahlen aus dem sogenannten OZG-Dashboard nicht hinterfragt. Er habe sicher auf die Angaben der Kommunen vertraut, da es sich bei dem Dashboard ja um eine gemeinsame Einrichtung von Land und kommunalen Landesverbänden handele.   Unabhängig davon gebe es in puncto Digitalisierung aber noch sehr viel zu tun in Esslingen. Etwa eine Überarbeitung des Internetauftritts der Stadt: „Davon reden wir schon seit Jahren und die Homepage ist mehr als überarbeitungsbedürftig.“ Auch die Einführung digitaler Parkscheine sei längst überfällig, ebenso wie vieles andere.  Andere Kommunen seien hier erheblich weiter. 

Auch Annette Silberhorn-Hemminger, Fraktionschefin der Freien Wähler, kritisierte, dass Esslingen bei der Digitalisierung weit hinterher hinke – wie im Übrigen Deutschland insgesamt. Daher helfe der „Kleinkrieg“ um die Position Esslingens im landesweiten Vergleich nicht weiter.  Letztlich müsse die Digitalisierung auch viel weiter gehen als die Bereitstellung von Online-Anträgen.  Es gehe auch darum, die vielen Daten sinnvoll zu nutzen – etwa bei Themen wie der Verkehrssteuerung.

Der SPD-Rat Andreas Koc zeigte sich allerdings nicht einverstanden mit dem Begriff „Kleinkrieg“ – zumindest sei dieser sicher nicht von Bürgermeister Rust angezettelt worden, sondern von der CDU.  Es sei nur verständlich, wenn Rust sich dagegen wehre, der Verbreitung von Unwahrheiten bezichtigt zu werden.   Zumal er selbst sich von Tim Hauser eine Entschuldigung gewünscht hätte. Würde dieser einräumen, dass ein Missgeschick passiert ist und die CDU sich mit den Zahlen aus dem Innenministerium ein Eigentor geschossen habe, könne man doch viel besser zusammenarbeiten.

Dazu ließ sich Hauser zwar nicht hinreißen. Aber angesichts der Tatsache, dass alle im Gremium eine schnelle Digitalisierung anmahnten, erklärte der CDU-Fraktionschef: „Das Herz für die Digitalisierung eint uns doch.“