Am zentralen Umsteigeplatz von Bus und Bahn in Esslingen haben Kontrolleure und Polizei überprüft, ob sich die Fahrgäste an die Coronaregeln halten. Erstaunlich, was dabei heraus kam. Fünfzehn Männer ziehen sich orangefarbene Westen über. Sechs Polizeibeamte in Uniform sind auch schon da. Und drei weitere Männer in schwarzer Uniform von kommunalen Ordnungsdienst kommen noch dazu. Sie teilen sich in drei Gruppen und schwärmen aus rund um den Zentralen Omnibusbahnhof in Esslingen. Einige Passanten schauen neugierig auf die Szenerie. Hier ist was im Gange. Die Aktion ist seit längerem geplant. „Schwerpunktkontrollen zu 3G im ÖPNV“. ÖPNV meint: öffentlicher Personennahverkehr. Oder einfacher ausgedrückt: Die Truppe rückt an, um die Impfausweise in den Bussen zu kontrollieren. Denn seit dem 24. November ist 3G Pflicht im Bus und bei der Bahn. Noch am selben Tag, als das neue Infektionsschutzgesetz Realität wurde, schrillten bei den Betreibern des öffentlichen Nahverkehrs die Alarmglocken: Wie sollen wir das nur kontrollieren? Der Geschäftsführer des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart, Horst Stammler, kann sich gut an die Diskussionen erinnern. Am Ende aller Diskussionen war allen klar: Es geht nur über Stichproben. Heute ist so ein Stichprobentag, und für Jan Werdermann, dem Betriebsleiter vom Städtischen Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) ist es sogar schon die Dritte seit eben jenem 24. November. Das Ergebnis ist überraschend: „Wir haben eine ganz hohe Akzeptanz.“ Aber wird das immer so sein? Wie würde es an diesem Mittwochnachmittag laufen? Das weiß man eben nicht genau, und das ist auch der Grund, warum neben fünfzehn Männern in orangen Westen auch städtische Ordnungshüter und Polizisten dabei sind, die sich aber dezent im Hintergrund halten. Die Polizei ist einfach nur da, was vermutlich den einen oder anderen schon davon abhält, seinen Ärger an den Kontrolleuren auszulassen. Allerdings hält sich die Zumutung in Grenzen und alles geht sehr schnell über die Bühne: Der Bus hält. Mehrere Kontrolleure steigen ein. Fahrscheine? Das war gestern. Heute heißt es: „Wir kontrollieren Ihren Impfnachweis.“ Kaum jemand zögert, die Passanten kramen bereitwillig in ihren Taschen. Bei manchen geht es flott, bei anderen dauert es etwas. Viele halten einfach ihr Handy mit dem digitalen Impfausweis hin, der wird abgescannt, „Danke“, „Bitte“, fertig. Eine junge Frau braucht etwas länger, bis sie ihren Impfausweis findet. Eigentlich ist es inzwischen nötig, einen digitalen Ausweis vorzuweisen, aber in ihrem Fall ist das egal: In einem kurzen Gespräch stellt sich heraus, dass sie Schülerin ist. Als solche muss sie den Nachweis ohnehin nicht bringen, es sei denn, es sind Ferien. Auch das muss ein Kontrolleur im Kopf haben – neben tausend anderen Dingen. Denn der Teufel steckt im Detail: Was, wenn zum Beispiel jugendliche Schüler keinen Schülerausweis dabei haben? Gefragt ist also Fingerspitzengefühl. Auch an diesem Tag stehen die Zeichen auf Deeskalation. Gelbe Impfausweise werden akzeptiert, gedruckte Impfausweise auch. Viele Passanten zeigen aber schon von sich aus neben dem digitalen Impfnachweis ihren Personalausweis, einfach, weil es inzwischen geübte Praxis ist: In Kaufhäusern, Gaststätten oder Veranstaltungshallen. Das macht es allen einfacher. Am Ende der Fahrt mit dem Bus 109 scheint alles in Ordnung zu sein, auch bei denen, denen die Kontrolle offenkundig missfällt. Ein Mann verzieht missmutig das Gesicht, als wolle man ihm etwas wegnehmen. Doch auch er kommt, wenn auch etwas muffelig, der Aufforderung nach, seinen Nachweis zu zeigen. Es gab bei anderen Kontrollen allerdings auch schon Fälle, wo dieser Nachweis nicht gelang. Hier nehmen die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes die Personalien auf. „200 Euro beträgt der Regelsatz für Leute ohne 3G“, sagt Mehmet Koc vom Esslinger Ordnungsamt trocken. Regelsatz bedeutet, es gibt einen Ermessensspielraum, denn jeder Fall liegt anders. Es kann also auch etwas weniger oder etwas mehr werden. Oder der Überprüfte kann sich entlasten, indem er im Nachhinein den Nachweis erbringt. Ansonsten wird der Spaß teuer. Wäre der Erwischte auch noch Schwarzfahrer, hätte er Glück im Unglück, denn die Fahrkarten werden bei der Kontrolle nicht auch noch abgefragt. „Wenn wir jetzt noch die Fahrkarten kontrollieren würden, dann wäre das für die Fahrgäste dann doch etwas zu viel“, meint Stammler, der an diesem Tag sein Managerbüro verlassen und sich unter die Kontrolleure gemischt hat. Die 3G-Regel im öffentlichen Nahverkehr besagt, dass die Verkehrsmittel nur noch von Menschen benutzt werden dürfen, die geimpft, genesen oder getestet sind (daher der Name 3G). Der Test muss ein aktueller PCR- oder ein Antigen-Test und, naheliegend, negativ sein. Selbsttests reichen nicht aus. Dies gilt auch für das Kontroll- und Servicepersonal. Im Luftverkehr gelten vergleichbare Regeln. Bei der Fahrt mit Bus und Bahn sowie in Haltestellen und Stationen muss – wie bisher auch – eine Atemschutzmaske oder eine medizinische Gesichtsmaske getragen werden. Ausgenommen von der Regel sind Schülerinnen und Schüler jeden Alters sowie Kinder, die jünger als sieben Jahre alt sind.
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