Als das Berkheimer Hallen-Freibad Anfang Juni nach langer Sanierungszeit wieder seine Pforten öffnete, war die Freude im Stadtteil groß. Denn die Kommune hatte kräftig investiert und eine moderne Anlage geschaffen, die so richtig Lust aufs Schwimmen, Baden und Erholen macht. Ein kleiner Wermutstropfen trübte allerdings die Freude: Für den Freibad-Kiosk war partout kein Pächter zu finden. Doch in Berkheim wird Bürgersinn bekanntlich großgeschrieben, und was sich anders nicht regeln lässt, wird eben in Eigenregie angepackt. Mit Dieter Schweizer, Willi Leibbrand und Roland Zink fand sich schließlich ein Trio, das sich zu umtriebig für den Ruhestand fühlt. Seither öffnen die drei an jedem schönen Badetag den Kiosk, und dieser Service kommt prima an.
Die drei Rentner erinnern sich noch gut, wie sie nach der Wiedereröffnung des aufwendig herausgeputzten Hallen-Freibads in der Zeitung lasen, dass der Kiosk vorerst geschlossen bleibt, weil sich kein Betreiber fand. Anfangs hatten Schweizer, Leibbrand und Zink nur gewitzelt, dass sie die Sache in die Hand nehmen müssten. Doch jeder, dem sie davon erzählten, fand die Idee charmant. „Unsere Frauen waren die einzigen, die dagegen waren, weil sie fanden, dass wir keine neue Verpflichtung übernehmen sollten“, verrät Dieter Schweizer. Denn an Arbeit hat es den drei Männern nie gefehlt: Schweizer hat lange Jahre ein Schuhhaus geführt, Willi Leibbrand eine Metzgerei und Roland Zink eine Repro-Firma. Und nachdem sie sich zur Ruhe gesetzt hatten, war’s eigentlich Zeit, auch mal das Leben zu genießen.
„Doch dann haben wir uns überlegt, dass die Berkheimer in ihrem Freibad auf einen Kiosk nicht verzichten sollten, und die Entscheidung war gefallen“, erinnert sich Willi Leibbrand. Bei den Stadtwerken, die das Hallen-Freibad betreiben, rannte das Trio offene Türen ein. Trotzdem war noch manche Hürde zu nehmen: Schweizer, Leibbrand und Zink mussten sich offiziell bewerben, ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und eine Konzession beantragen. „Wir hätten nie gedacht, dass wir in unserem Alter noch mal einen Lebenslauf schreiben müssen“, sagt Dieter Schweizer.
Weil man im Rathaus und bei den Stadtwerken jedoch dankbar war, dass sich eine Lösung für den verwaisten Kiosk aufgetan hatte, gingen Vergabe und Genehmigungen ratzfatz über die Bühne, und am 10. Juli wurde die erste Currywurst gebrutzelt. Seither ist an jedem schönen Badetag geöffnet – nur wenn das Wetter gar zu schlecht ist und nur ganz wenige Badegäste kommen, bleibt der Kiosk geschlossen. „An manchen Tagen sind nur die Stammgäste da“, weiß Willi Leibbrand. „Die kommen zum Schwimmen, drehen ihre Runden und gehen wieder. Da werden wir nicht gebraucht.“ Ganz anders sieht es an schönen Sonnentagen aus, wenn sich das Thermometer im 30-Grad-Bereich bewegt und bis zu 500 Besucher an einem Tag gezählt werden. „Da ist dann schwer was los, und wir haben alle Hände voll zu tun“, sagt Roland Zink. Dann ist er mit seinen beiden Mitstreitern von 12 bis 19 Uhr im Dauereinsatz, und zum Durchschnaufen bleibt kaum Zeit.
Das Speisen- und Getränkeangebot richtet sich nach den Vorlieben der Badegäste: Pommes, Eis und Currywurst rangieren in der Gunst ganz oben, auch der Kaffee, der in elf verschiedenen Zubereitungsarten angeboten wird, sowie kühle Getränke und Schleckereien sind mächtig gefragt. Als Metzgermeister könnte Willi Leibbrand durchaus auch andere Gerichte anbieten, doch da ist die Nachfrage bescheiden: Schnitzelweck und Fleischküchle wurden wieder von der Karte genommen, nachdem sie sich als Ladenhüter erwiesen. Vielleicht liegt das ja an den Vorzügen der hauseigenen Currywurst, für deren Zubereitung die Messlatte besonders hoch aufgelegt wurde: Vorbild ist die legendäre „Curry spezial“, die früher in Freds Imbiss im Metzgerbach angeboten wurde – noch heute schwärmen ältere Esslinger von deren Qualitäten. Das Geheimnis der Berkheimer Freibad-Currywurst ist neben den konsequent regionalen Zutaten die Schaschliksoße, die Willi Leibbrand nach geheimem Privatrezept zubereitet. „Wir betreiben den Freibad-Kiosk, weil es uns Spaß macht“, erklärt Dieter Schweizer. „Viel zu verdienen ist damit nicht. Bislang mussten wir wetterbedingt an 19 Tagen schließen. Da muss man froh sein, wenn man finanziell halbwegs rauskommt.“ Anfängliche Überlegungen, dass sich mit dem Verdienst nach der Saison vielleicht sogar eine kleine Reise finanzieren ließe, haben die drei erst mal zur Seite gelegt. „Vielleicht reicht’s ja wenigstens zu einem Ausflug in den Sauhag und ein Glas Apfelmost“, sagt Dieter Schweizer. Trotzdem denken die drei bereits an die kommende Freibadsaison, die hoffentlich besseres Wetter bringt. „Wir haben es bisher offen gelassen, ob wir im nächsten Jahr weitermachen“, sag Roland Zink. „Aber es deutet schon viel darauf hin, weil wir einfach Freude daran haben.“
Das Hallen-Freibad Berkheim ist ein kombiniertes Bad mit Freibadbereich und einem Hallenbad, das vor allem von Schulen, Vereinen und Institutionen genutzt wird. Rund zehn Millionen Euro hat die Stadt in die Sanierung des Hallen-Freibads investiert. Der Eingangsbereich wurde ebenso umgebaut und modernisiert wie Umkleiden, Sanitär- und Duschräume. Das große Außenbecken wurde komplett erneuert und mit moderner Wassertechnik ausgestattet.
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