Foto: Rolf Laschet
Auf Einladung der WOG referierte der deutsche Botschafter a.D. in Polen Rolf Nikel im gut gefüllten Bürgersaal über die Rolle Osteuropas bei der Gefährdung der Demokratie in Europa. Ausgehend von der These, dass die heutige Welt durch vielfältige überlappende Krisen (Kriege, Migration, Klima) und eine schwächelnde internationale Ordnung (Ende der westlichen Dominanz, Schwächung einer regelbasierten Weltordnung, Entwicklung einer Achse von autokratischen Regimen) unberechenbarer geworden ist, analysierte Nikel den Machtwechsel in Polen von 2015 zum autoritären Regime der PiS, unter dem der Feind plötzlich auch westlich zu stehen schien. Die PiS-Regierung geriet sehr schnell in massive Konflikte mit der EU, wobei gerade Deutschland oft als Prügelknabe herhalten musste.
Durch die für Donald Tusk erfolgreichen Parlamentswahlen konnte aber 2023 ein neuer „europapolitischer Frühling an der Weichsel“ anbrechen, auch wenn Präsident Duda nach wie vor Reformen sabotieren kann, indem er neue Gesetze blockiert, und das Verfassungsgericht eine große Mehrheit PiS-naher Richter aufweist. Es ist davon auszugehen, dass Tusk bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen im Mai 2025 die notwendigen Reformen aus wahltaktischen Gründen nicht zu radikal vorantreiben wird.
Die derzeitigen demokratischen Erfolge in Polen können aber nicht davon ablenken, dass wir im Interesse unserer eigenen Sicherheit die EU und die Nato stärken und die Ukraine in ihrem ihr durch Putinrussland aufgezwungenen Krieg mit aller Kraft unterstützen müssen. Die EU muss durch reformierte Abstimmungsprozeduren handlungsfähiger werden und akute Probleme wie Migration, bilaterale Grenzkontrollen und die Verteilung der Flüchtlinge lösen. Weder Russland noch die Ukraine werden den Krieg militärisch gewinnen können. Die westliche Unterstützung für die Ukraine soll primär der Ukraine zu einem starken Platz am Verhandlungstisch verhelfen und so ihr Überleben als souveräner Staat sichern.