Foto: Bündnis Esslingen aufs Rad
Seit dem 28. April 2020 gilt ein gesetzlich festgelegter Mindestabstand beim Überholen: Kfz-Fahrer*innen müssen nun mindestens 1,5 m innerorts und 2 m außerorts beim Überholen von Radfahrer*innen einhalten. Der Mindestabstand gilt auch beim Überholen an Schutzstreifen und an Radfahrstreifen.
Streng genommen gilt das Gebot des ausreichenden Seitenabstands nur für das Überholen. Zumindest Radfahrende auf Radfahrstreifen werden aber vom Fahrbahnverkehr nicht im rechtlichen Sinne „überholt“. Daran ist richtig, dass Überholen im engeren Sinn das Vorbeifahren auf demselben Straßenteil an einem anderen Verkehrsteilnehmer meint, der sich in derselben Richtung bewegt.
Weil der Schutzstreifen kein anderer Straßenteil ist, sondern zur Fahrbahn gehört, schützt das Abstandsgebot des § 5 Abs. 4 S. 2 StVO für das Überholen Radfahrende auf dem Schutzstreifen unmittelbar.
Anders ist es beim Radfahrstreifen: Er ist als Sonderweg für den Radverkehr kein Teil der Fahrbahn. Deshalb gilt § 5 Abs. 4 StVO nicht. Es gelten das allgemeine Rücksichtnahmegebot, das schon bis 1975 Grundlage für Mindestabstände von 1,5 bis 2 m war, sowie das Gefährdungsverbot nach § 1 Abs. 2 StVO.
Im Ergebnis macht es für den einzuhaltenden Sicherheitsabstand keinen Unterschied: Eine Linie auf der Fahrbahn ändert nichts an den physischen und psychischen Folgen eines zu dichten Vorbeifahrens (Sogwirkung, Erschrecken oder Verunsicherung). Dabei ist es egal, ob die Linie unterbrochen wie beim Schutzstreifen oder durchgezogen wie beim Radfahrstreifen ist.
Das Passieren von Radfahrenden auf einem Radfahrstreifen ist kein Überholen im engeren Sinn des § 5 StVO. Zu dichtes und gefährdendes Vorbeifahren fällt unter den erweiterten Überholbegriff (wie in § 315c StGB, Straßenverkehrsgefährdung): „wer falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt“. Das kann als Ordnungswidrigkeit oder Verkehrsstraftat geahndet werden.
ADFC Kreisverband Esslingen
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