Foto: Fabio Schneck
Mit Ende der Sommerferien wird der Neubau der Hanns Martin Schleyer-Brücke abgeschlossen sein und für den Verkehr wieder freigegeben. Aus Sicht der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der Linken im Esslinger Gemeinderat kann die Brücke nicht weiterhin nach einer Person benannt sein, deren NS-Vergangenheit mittlerweile sehr gut erforscht und öffentlich ist.
„Mit der Wiedereröffnung der Brücke bietet sich die Gelegenheit, ein Zeichen für eine zeitgemäße Erinnerungskultur in unserer Stadt zu setzen. Deshalb haben wir einen entsprechenden Antrag an die Verwaltung geschickt“, erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzenden der Grünen-Gemeinderatsfraktion Andreas Fritz, der die Initiative verfasst hat.
Die Benennung des Brückenbauwerks in Mettingen nach der Person Hanns Martin Schleyers muss heute sehr kritisch gesehen werden und ist nicht mehr zeitgemäß. Als die Mettinger Brücke im Jahr 1978 von der Stadt Esslingen einen neuen Namen bekam, geschah dies vor dem Hintergrund des mörderischen und staatsverachtenden Terrors der RAF, dem Schleyer zum Opfer fiel. Die Namensgebung war eng mit der richtigen Intuition verbunden, dass ein Rechtsstaat und eine Demokratie wehr- und standhaft gegenüber Terror sein muss.
„Das Dilemma bei der Person Schleyers besteht darin, dass sie selbst aktiv einem terroristischen und menschenverachtenden System treu und von der ersten Stunde an diente: der NS-Diktatur mit seinen unvorstellbaren Verbrechen. Diese NS-Vergangenheit Schleyers wurde über viele Jahre hinweg tabuisiert. Mittlerweile steht historisch fest: Er war – eigenem Bekunden nach – alter Nationalsozialist und SS-Führer“, stellt Fritz fest. Der Antrag schlägt vor, dass Hinweistafeln auf der Brücke über die Komplexität des Themas „Terror“ innerhalb der jüngeren deutschen Geschichte informieren sollen. Fritz: „Es braucht solche neuen Formen des Erinnerns, denn sie stärken die Demokratie und machen sie wehrhaft gegen Angriffe – auch in unserer Stadt.”