Ein Kommentar von Jörg Sanzenbacher zum Streit um die Umweltspur:
Kleider machen Leute, Wörter Politik! Beide unterliegen der Mode: statt „Propaganda“ sagt man heute „Narrativ“. Erinnern wir uns an den jahrzehntelangen Streit um die Atomkraft. Befürworter hielten Atomkraftgegner für Apokalyptiker und Technikverweigerer. Für die Bedenken der Atomkraftgegner wurde der Begriff „Restrisiko“ erfunden. Dieser entpuppte sich in Tschernobyl und Fukushima als GAU. Und bis heute ist nicht geklärt wie unsere Nachkommen mit dem „Restrisiko“ Atommüll umgehen sollen.
Heute ist die Diskussion um die Klimakrise bedeutend komplizierter. Bei der Atomkraft gab es zwischen Befürwortern und Gegnern eine klare Abgrenzung. Bei der Klimakrise wollen hingegen alle das Klima schützen und beurkunden internationale Verträge. Eine Diskussion „Ja oder Nein“ gibt es nicht, mit Ausnahme von Verschörungstheoretikern und sonstigen Verrückten. Der Streit geht vielmehr darum, WIE unser Klima gerettet werden soll. Die einen meinen z.B. beim Verkehr mit Hilfe von Bus, Zug, Rad und zu Fuss, die anderen meine es geht auch mit Flugverkehr, Kreuzfahrtreisen und SUVs.
So auch in Esslingen. CDU und FDP haben erklärt, sie wollen mehr Umwelt- und Klimaschutz und verweigern sich DESHALB einer weiteren Umweltspur in Esslingen. GRÜNE, SPD, LINKE und FÜR wollen hingegen für mehr Umwelt- und Klimaschutz eine weitere Umweltspur auf der Kiesstraße. Kennt sich da noch einer aus? War die Welt nicht einfach, als es klare Positionen gab? Dafür haben wir genannte „Narrative“ bekommen. Als die noch „Propaganda“ hießen, wusste man wenigstens, woran man war. Würden CDU und FDP behaupten, die Klimakrise wäre eine Erfindung des politischen Gegners, wäre die Welt so viel einfacher. So müssen wir uns durch ein semantisches Labyrinth quälen!