Foto: Watzko/Seckinger
Das besondere Konzert des ora begann mit der Stille und dem Hören auf den einzigen Ton: der Glocke im Turm. Als dieser Klang den Raum verließ, übernahm, von der Orgelempore aus, der Bass des Männerchors in tiefster Lage den Psalm 130 (129) von Arvo Pärt, um mit der Unterstützung der anderen Stimmen in einem strahlenden Crescendo die Bitte um die Erlösung Israels zum Ausdruck zu bringen. Wieder übernahm die Stille das Geschehen, bis die Visionen von John Rutter durch den Frauenchor mit Streichorchester und Soloharfe und Solovioline den Zuhörer in bisher nicht gekannte Klangwelten entführten. Ob gefühlvolle Klänge der Violine oder der Harfe bzw. deren Zwiegespräche, ob die mehrstimmigen Darbietungen des Chores mit der Vielfalt der Klänge, die das Streichorchester in allen Nuancen von Forte bis Piano hervorbrachte – es machte sich im Raum ein Gefühl der Geborgenheit und Wärme breit, die nach dem Verklingen des letzten Tones noch greifbar war.
R. Mauersbergers Komposition führte den Zuhörer mit Klang und Wort aus den Visionen zur Realität. In beeindruckender Weise ist es gelungen, trauriges Kriegsgeschehen mit Tönen darzustellen. Was im Kleinen begann, fand seinen Höhepunkt in Haydn´s Oratorium, das sich nahtlos anschloss. Die Gesangssolisten bewiesen ihre Strahlkraft bravourös einem gespannt lauschenden Publikum und wurden durch einen mit gleicher tonalen Sicherheit in Erscheinung tretenden Chor ergänzt. Man mag zu christlichen Dingen unterschiedlicher Meinung sein, aber die Aktualität der letzten Worte unseres Erlösers und die mahnenden Worte im Teil sechs: MENSCHEN, DENKET NACH ! sollten jeden von uns aufwecken.
Wer bis jetzt noch nicht ergriffen war, für denjenigen hat Haydn das Erdbeben als Abschluss komponiert. Womit aktuell heute und auch damals die Erde bedeckt war – ein beeindruckendes Finale mit bedrückender, aber wohltuender und notwendiger Stille, die über einen ungewöhnlich langen Zeitraum anhielt, bis sich befreiender und langer Beifall breit machte.