Im Chor haben sich ein paar Abläufe verändert.
“Das wichtigste ist die Übernahme von mehr Eigenverantwortung der einzelnen Sängerinnen und Sänger, denn sie stehen nun nicht mehr in ihrer Stimmgruppe”, erzählt Wolfgang Layer. Der Chorleiter meint, dort wo früher Sängerinnen und Sänger dicht beieinander stehend sich gegenseitig Tonsicherheit gaben, betrage der Abstand jetzt zwei Meter bis zur nächsten Stimme. Folge: die Beherrschung von Text und Noten ist unabdingbar geworden und damit auch die Beherrschung der eigenen Stimme. Schließlich bedeute Tonsicherheit zugleich Stimmsicherheit. Layer ist begeistert: “Nie zuvor haben die SängerInnen so gut aufeinander gehört, so engen Stimmkontakt gehabt, wie jetzt in der räumlichen Distanz”. Es erscheine paradox und sei doch logisch. Layer: “Hinzu kommt, dass wegen der Hygienevorschriften nicht der komplette Chor auftreten kann, sondern immer nur 50 Prozent, also 16 Personen”. Diese zehn Frauen und sechs Männer müssten einen Chorklang hervorbringen, der bisher nur in der möglichst großen Zahl der Singenden möglich schien.
Singt der Chor im Gottesdienst, muss er aufgrund des Sicherheitsabstands unter anderem die räumliche Entfernung von der einen zur anderen Seite der Empore überwinden. Gesangliche Interaktion geschieht dann mittels Blickkontakt, was sonst nicht der Fall ist.
Wolgang Layer als Dirigent agiert auch nicht mehr vor seinem Chor, sondern hinten auf der Orgelempore. Er legt deswegen bei der Einstudierung großen Wert darauf, dass die SängerInnen noch mehr gemeinsam atmen lernen und ein Gefühl für die Pausen entwickeln. “Wenn man den Dirigenten nicht sieht, braucht man ihn auch nicht. Ich gebe deswegen die Tonhöhe und den Verlauf der Melodie von der Orgel aus vor”, sagt Layer. Das genügt! Dass es genügt, zeigte der erste Auftritt nach der Coronapause im Gottesdienst Ende September. Eine völlig überraschte Gemeinde spendete für die Leistung des Chores käftigen Applaus.