Foto: Christoph Schweizer
Als die Gruppe sich dem Stall nähert, bemerkt Svitlana Brodetska die unruhigen „Mäh“-Rufe. Die Schafe sind hungrig. Brodetska ist Tierärztin, in Deutschland jobbt die Ukrainerin in einem Restaurant. Die Arbeit mit den Tieren macht sie ehrenamtlich. Heute begleitet sie Esslinger Seniorinnen und Senioren zum Stettener Schafstall. Dort greift sie erstmal zur Heugabel und gibt den hungrigen Tieren zu essen.
„Sagen Sie ihr, sie soll von den hinteren Heuballen nehmen!“, sagt Schäferin Christine Brencher zu Klavdina Supyan. Die Russin Supyan lebt schon lange in Deutschland. Seit 16 Jahren arbeitet sie beim Krankenpflegeverein mit. Sie dolmetscht für ihre ukrainische Freundin. „Wir müssen leider das übrige Heu von vor zwei Jahren nehmen“, erläutert Brencher. „Im Heu vom letzten Jahr sind giftige Herbstzeitlosen drin.“ Brencher ist froh über jeden Frühlingstag, an dem sie die Schafe nun auf die frische Weide lassen kann.
Nun werden die Schafe ruhig. Manche Besucher streicheln ein Tier, greifen in die zottelige, warme Wolle. Der Ehrenamtliche Ulrich Fischle begleitet heute Bewohner der Lebenshilfe. Was Fischle an den Mensch-Tier-Begegnungen der Esslinger Krankenpflegevereine genießt? „Wir sind in der Natur, lernen neue Menschen kennen, aus ganz unterschiedlichen Lebenssituationen.“
Barbara Schmid vom Ökumenischen Krankenpflegeverein Esslingen-Nord organisiert die Begegnung. „Mich freut, dass wir mit einer inklusiven Gruppe kommen und die Schäferin mit uns wie mit Erwachsenen redet, uns in ihre Sorgen und Nöte mit hineinnimmt“, sagt sie. Schmid plant die Ausflüge umsichtig, einige Teilnehmer haben ein Handicap oder Demenz. Der Verein „Miteinander-Füreinander“ fördert das Kooperationsprojekt mit Mitteln der Lore-Mackh-Stiftung.
An diesem Vormittag ist vieles dabei: Begegnung von Mensch zu Mensch, mit und ohne Handicap, aus Deutschland, Russland und Ukraine. Die wohltuende Begegnung mit Schafen und Lämmern und der Einblick in den Alltag der Schäferin.