Foto: Katharina Zürn
Kennen Sie das Gedicht von Ernst Jandl über das Warten? Unter dem Titel „Fünfter sein“ finden Sie dazu ein Kinderbuch, eindrücklich illustriert: Fünf ramponierte Gestalten sitzen in einem karg beleuchteten Wartezimmer. Und so beginnt die Lyrik: „Tür auf, einer raus, einer rein, vierter sein“. Jedes Mal schleppt sich eine der Gestalten ins Sprechzimmer hinein – und krabbelt, watschelt, tapst, hopst oder fliegt geflickt, repariert und fröhlich hinaus. „Tür auf, einer raus, selber rein, tagherrdoktor.“ Das ist der Schluss. Spannungsgeladen. Aber mit einem guten Ausgang: Warmes Licht erhellt das Wartezimmer, der Doktor lächelt freundlich, Ersatzteile liegen schon parat.
Demnächst beginnt wieder das Warten. Und das Zählen. Von der ersten bis zur vierten Adventskerze. Oder vom ersten Türchen bis zum vierundzwanzigsten. Das Warten darauf, dass die Zeit vergeht. Auf die Feiertage. Auf das Jahresende. Oder auch darauf, dass die Altstadt wieder frei begehbar ist. Oder auch das Warten auf die längste Nacht und darauf, dass die Tage wieder länger werden.
Bitte lassen Sie nicht den Mut sinken. Es wird ganz sicher wieder Tag. Jetzt geht es darum, dass Sie sich die Zeit gestalten, dass Sie selbst bestimmen, was Sie wann tun. Und wem Sie begegnen wollen. Und wem Sie eine gute Zeit wünschen wollen. Und wohin Sie Ihre Schritte außerhalb Ihrer Wohnung lenken wollen. Was halten Sie von diesem zugegebenermaßen sehr alten Brauch, die frühen Abende zu nutzen, um Briefe und Karten zu schreiben? Ganz nostalgisch von Hand und mit Briefmarke? Ich habe den Verdacht, dass Sie anderen damit eine große Freude machen können. Und Licht tragen in die Dunkelheit. Was halten Sie davon?
Kontakt: Barbara Schmid, FUGE-Einsatzleitung, 0711-3006002