Foto: Chr. Ottersbach
Da steht es, ein altes Haus in Esslingen, ein wichtiger Bestandteil unserer Altstadt. Und es steht leer – seit Jahren! Zuletzt waren hier Notwohnungen für Obdachlose, die aber irgendwann gekündigt wurden. Entstanden ist das Haus am Ausgang des Mittelalters, das Vorderhaus 1507, das Hinterhaus 1548. Es war eine bewegte Zeit: Esslingen wandte sich der Reformation zu, der große Nachbar, das Herzog-tum Württemberg, erdrückte die kleine Reichsstadt schier politisch mit Wirtschaftsblocka-den, nachdem ein Eroberungs-versuch 1519 gescheitert war. Die Fassade des Hauses hingegen kündet von bieder-meierlicher Beschaulichkeit. Sie geht auf einen zeittypischen klassizistischen Umbau 1832 zurück. Damals war das Haus im Besitz eines Schneiders. Es weist eine Besonderheit auf, die in Esslingen nicht häufig anzutreffen ist: einen stimmungsvollen Innenhof mit hölzernen Laubengängen. Dieses leerstehende Haus gehört der Stadt. An sich ein Skandal in einer Kommune, in der günstiger Wohnraum knapp ist. Eigentlich sollte hier die Verwaltung der Stadtbücherei einziehen. So sieht es zumindest der Siegerentwurf im Wettbewerb zum Umbau und zur Erweiterung der Esslinger Bibliothek vor. Doch der steht – aus finanziellen Gründen – vor dem Aus. Eine „kleine, feine Sanierung“ soll es in der benachbarten Heugasse 9 geben. Aber was wird aus der Nummer 11, einem Haus, das so viel Potential bietet? Es wäre der ideale Ort für die Büchereiver-waltung. Wäre es nicht sinnvoller, erst dieses Haus – wohlgemerkt denkmalgerecht – instand zu setzen und der Verwaltung der Bücherschätze mehr Raum zu schaffen? Und erst dann in einem mittelfristigen Schritt das Hauptgebäude selbst zu ertüchtigen? Denn es steht noch eine Möglichkeit im Raum, die aber die Öffentlichkeit nicht wollen kann: die Verscherbelung eines Anwesens in bester Innenstadtlage an irgendeinen Investor.